Punktschätzer
Als Punktschätzer bezeichnet man in der mathematischen
Statistik eine Schätzfunktion,
die jeder Stichprobe einen Wert zuordnet, der eine gewisse Eigenschaft des
zugrundeliegenden Wahrscheinlichkeitsmaßes
schätzen soll. In den meisten Anwendungen ist die interessierende Größe ein Parameter
der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Beobachtungen (wie z.B. der Mittelwert
einer Normalverteilung
)
Punktschätzer sind neben Bereichsschätzern zentrales Untersuchungsobjekt der Schätztheorie und im allgemeineren Sinne eine Entscheidungsfunktion, die vorliegenden Beobachtungen einen Schätzwert der interessierenden Größe zuordnet.
Ein Punktschätzer ist eine Funktion der zufälligen Beobachtungen, eine Punktschätzung der errechnete Wert des Punktschätzers für vorliegende Beobachtungen.
Definition
Gegeben sei ein statistisches
Modell
sowie ein Entscheidungsraum
.
Für jedes
ist also auch
in der σ-Algebra
enthalten. Dann heißt eine messbare
Funktion
ein Punktschätzer. Für alle
ist also immer
.
Meist wird als Entscheidungsraum
gewählt.
Beispiel
Gegeben sei ein Binomialmodell, also ein statistisches Modell mit
und
sowie als Menge von Wahrscheinlichkeitsmaßen die Binomialverteilungen
für
.
Dieses Modell formalisiert beispielsweise, wie oft nach n-maligem Münzwurf
„Kopf“ geworfen wurde. Offensichtliche Fragestellung ist nun, aufgrund der
vorliegenden Daten die Wahrscheinlichkeit zu schätzen, mit der die Münze „Kopf“
zeigt. Passender Entscheidungsraum ist die Grundmenge ,
da die Wahrscheinlichkeit in diesem Intervall liegen muss, versehen mit der Borelschen
σ-Algebra
,
die alle Punktmengen enthält.
Ein möglicher Punktschätzer wäre dann beispielsweise
definiert durch
.
Wie gut und sinnvoll solche Punktschätzer sind, muss jedoch noch getrennt untersucht werden. Denn ebenso wäre
ein möglicher Punktschätzer. Er liefert aber unabhängig von der Anzahl der Würfe, die „Kopf“ zeigen, dass die Münze fair ist, was augenscheinlich unsinnig ist.
Verwendung und Konstruktion
Punktschätzer werden insbesondere benutzt für die Schätzung von:
Klassische und bewährte Methoden zur Konstruktion von Punktschätzern sind
- die Maximum-Likelihood-Methode,
- die Kleinste-Quadrate-Methode oder
- die Momentenmethode.
Qualitätskriterien für Punktschätzer
Für Punktschätzer existieren verschiedene Qualitätskriterien. Die vier gängigsten sind die Suffizienz, Effizienz, Erwartungstreue und Konsistenz.
- Suffizienz garantiert, dass der Punktschätzer alle für die Schätzung relevanten Daten betrachtet.
- Erwartungstreue (Unverzerrtheit, Unverfälschtheit): Ein Punktschätzer ist erwartungstreu, wenn er im Mittel den tatsächlichen Wert der interessierenden Größe korrekt angibt. In diesem Sinne besitzt die Schätzung keinen systematischen Fehler.
- Konsistenz: Konsistenz bedeutet anschaulich, dass sich für eine wachsende Zahl von Beobachtungen die Punktschätzung tendenziell dem tatsächlichen Wert der interessierenden Größe annähert.
- Effizienz: Effizient ist ein Punktschätzer, wenn seine Streuung im Vergleich zu anderen Punktschätzern minimal ist. In diesem Sinne besitzt ein effizienter Schätzer keine unnötige Streuung.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 07.01. 2022