Polysaccharide
Polysaccharide (auch als Vielfachzucker, Glycane/Glykane oder Polyosen bezeichnet) sind Kohlenhydrate, in denen eine große Anzahl (mindestens elf) Monosaccharide (Einfachzucker) über eine glycosidische Bindung verbunden sind. Es handelt sich um Biopolymere aus einer unbekannten Anzahl Monosaccharideinheiten oder mit statistischer Molekülgrößenverteilung. Beispiele für Polysaccharide sind Glykogen, Stärke (Amylose und Amylopektin), Pektine, Chitin, Callose und Cellulose. Polysaccharide spielen für Pflanzen und Tiere eine wichtige Rolle als Schleimstoffe, Reservestoffe und Nährstoffe. Sie sind zum Beispiel in Getreidekörnern und Kartoffeln vorzufinden. Pflanzliche Zellwände bestehen zu über 50 % aus Cellulose und Hemicellulose, letztere ist ein Gemisch aus Polysacchariden, das eine stützende Funktion in der Zellwand übernimmt.
Einige Polysaccharide haben die allgemeine Summenformel:
- , meist mit x gleich 5 oder 6 und y = x−1
Unterteilung der Polysaccharide
Die Polysaccharide werden nach Art der Einzelbausteine (Monomere) des Moleküls in Homoglykane (aus nur einer Art Einfachzucker) und Heteroglykane (aus zwei oder mehreren Kettenbausteinen) eingeteilt. Jeder Monomerbaustein ist über eine oder mehrere Glykosidische Bindung(en) mit dem oder den Nachbarmonomereinheiten verbunden. Ein Monomer am Kettenende hat mindestens einen Nachbarn, während Kettenmittelstücke zwei Nachbarn besitzen und bei verzweigten oder nachträglich vernetzten Ketten auch drei oder mehr benachbarte Monomere vorkommen können.
Homoglykane
Durch die unterschiedlichen Verknüpfungsmöglichkeiten kann die sich wiederholende Einheit des Polymers, welche in der graphischen Darstellung in eckige Klammern eingefasst wird, auch aus mehreren gleichen Monosacchariden aufgebaut sein. Solche wiederholenden Einheiten aus dem gleichen Monosaccharid werden bei zwei Sacchariden als Homodisaccharide bezeichnet, bei drei gleichen als Homotrisaccharide. Verschiedene Wiederholungseinheiten aus zwei gleichen, jedoch unterschiedlich verknüpften Monosacchariden besitzen, wenn sie sich nur durch eine α- oder β-Verknüpfung unterscheiden, aufgrund der unterschiedlichen Verknüpfungen zwar dieselbe Konstitution, zeichnen sich aber durch unterschiedliche Konfigurationen aus.
Zu dieser Kategorie gehören beispielsweise die zwei Polysaccharide, die die größten Anteile an der Biomasse ausmachen: Stärke und Cellulose. Beide sind aus jeweils nur einer Art von Monosacchariden aufgebaut. Stärke ist die Hauptspeicherform der stoffwechselaktiven Glucose und besteht aus den zwei Strukturen Amylose und Amylopektin, die wiederum gänzlich aus α-D-Glucose-Einheiten aufgebaut sind. Cellulose hingegen weist eine durchgehend einheitliche Struktur aus nur einem Monomer β-D-Glucose auf. Weitere Beispiele sind Chitin, der Hauptbestandteil der Exoskelette von Gliederfüßern und Sinistrin, ein weiterer pflanzlicher Energiespeicher, die beide die Bedingungen von Homoglykanen erfüllen.
Dextrane werden in der Medizin als Gerinnungshemmstoffe verwendet. In quervernetzter Form werden Dextrane in der Biochemie als Trägermaterial in der Affinitätschromatographie, den Pulldown-Assays und der Größenausschlusschromatographie eingesetzt.
Homoglykane, die aus oft vorkommenden Monomeren bestehen, werden meist wiederum in Unterkategorien unterteilt, die nach den jeweiligen Monomeren benannt sind. So gehören aufgrund ihrer Bausteine beispielsweise die beiden oben genannten Polysaccharide Cellulose und Stärke zu den Glucanen. Dagegen ist Sinistrin, das gänzlich aus D-Fructose-Einheiten besteht, ein Fructan.
Heteroglykane
Wie der Name andeutet (lat. hetero, ‚unterschiedlich‘, ‚verschieden‘), bestehen die Polysaccharide dieser Kategorie aus mehreren, unterschiedlichen Monomeren, woraus sich auch eine nahezu unendliche Anzahl möglicher Heteroglykane ergibt, die jedoch nicht alle in der Natur vorkommen.
Heparin und Fondaparinux sind beides Gerinnungshemmstoffe und Vertreter der Heteroglykane. Ein weiterer, in der Biochemie verbreitetes Heteroglykan sind die Agarosen, die unter anderem in Laboratorien als Gel für Elektrophoresen dienen. Dafür wird eine 1%ige wässrige Lösung des – aus 2 Monomeren bestehenden – Polysaccharids angesetzt.
Auch Heteroglykane werden in Unterkategorien unterteilt. Die biologisch bedeutendsten zählen zur Gruppe der Glykosaminoglykane, deren Vertreter allesamt aus sich wiederholenden Disaccharid-Einheiten bestehen, die wiederum aus zwei verschiedenen Monosaccharid-Einheiten aufgebaut sind. Aus Glykosaminoglykanen werden einige Proteoglykane aufgebaut, was ihre Hauptbestimmung in Organismen darstellt. Jedoch kommen sie auch in ungebundener Form vor, was etwa in der Medizin genutzt wird. Neben dem oben genannten Heparin, das dieser Unterkategorie angehört, ist auch Hyaluronsäure ein Glykosaminoglykan, das in der Schönheitschirurgie und Orthopädie eingesetzt wird.
Biologische Funktionen der Polysaccharide
Stoffwechsel
Für den Metabolismus stellen Polysaccharide einen essentiellen Energieträger dar, wobei Vertreter dieser Stoffgruppe in den meisten Fällen als Energiespeicher dienen und somit Produkte des Anabolismus sind. Im tierischen und menschlichen Stoffwechsel übernimmt Glykogen – ein Analogon des Amylopektins – diese Aufgabe. Dieser Energiespeicher wird im Falle des Energiebedarfs eines Organismus durch Glukagon freigesetzt, wodurch katabolisch aktive D-Glucose- Einheiten entstehen. In Pflanzen übernimmt das Homoglykan Stärke diese Aufgabe.
Glykokalyx
Jede Zelle – sowohl eukaryotische als auch prokaryotische – ist von einer Kohlenhydrathülle ummantelt, die als Glykokalyx bezeichnet wird. Diese stellt eine bis zu 140 nm dicke Schicht dar, die aus Poly- und Oligosacchariden aufgebaut sind. Jedoch liegen diese Saccharid-Ketten nicht unverzweigt vor, sondern sind Bestandteile von Glykoproteinen und Glykolipiden, die teilweise die Zellmembran bilden. Die Hauptaufgabe der Glykokalyx ist – neben dem Schutz vor Austrocknung der Zelle – die Zell-Zell-Kommunikation, die besonders für das Immunsystem eines Organismus von Bedeutung ist.
Häufig sind Polysaccharide am Aufbau der äußeren Hülle bestimmter Mikroorganismen beteiligt (Beispiel: Streptococcus pneumoniae). Ihre Zusammensetzung, die innerhalb einer Organismengruppe unterschiedlich sein kann, bestimmt die Oberflächenstruktur und somit den jeweiligen Serotyp bei der Charakterisierung mit unterschiedlichen Seren.
Proteoglykane
Der größte Teil der Glykosaminoglykane ist beim Aufbau von Proteoglykanen beteiligt. Hyaluronsäure – ein Heteroglykan – bildet das Rückgrat der Proteoglykane, und kann eine Länge von bis zu 4 µm einnehmen. Zudem bindet diese Hyaluronsäure-Kette die Proteine nicht kovalent, die wiederum eine Vielzahl von Glykosaminoglykanen – wie Heparan- Chondroitin- und Keratansulfat – kovalent assoziieren. Proteoglykane bauen gemeinsam mit Kollagen und Wasser das Knorpelgewebe auf.
Synthese
Polysaccharide können künstlich u. a. mit der Koenigs-Knorr-Methode hergestellt werden.
Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de Seite zurück© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 09.10. 2024