Imidazol

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[6] ggf. erweitert[5]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Gefahr
H- und P-Sätze H:
  • Gesundheitsschädlich bei Verschlucken.
  • Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden.
  • Kann das Kind im Mutterleib schädigen.
P:
  • Staub / Rauch / Gas / Nebel / Dampf / Aerosol nicht einatmen.
  • Schutzhandschuhe/ Schutzkleidung/ Augenschutz/ Gesichtsschutz/ Gehörschutz/ … tragen.
  • Bei Verschlucken: Bei Unwohlsein Giftinformationszentrum / Arzt / … anrufen.
  • Bei Berührung mit der Haut [oder dem Haar]: Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser abwaschen [oder duschen].
  • Bei Einatmen: Die Person an die frische Luft bringen und für ungehinderte Atmung sorgen. Sofort Giftinformationszentrum, Arzt oder … anrufen.
  • Bei Kontakt mit den Augen: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser spülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter spülen.
[5]
Toxikologische Daten

Imidazol ist eine basische organische Verbindung aus der Gruppe der fünfgliedrigen heterocyclischen aromatischen Amine. Die Derivate des Imidazols heißen Imidazole. Mit zwei Stickstoff-Atomen im Ringsystem ist Imidazol der charakteristische Bestandteil in der Seitenkette der basischen Aminosäure Histidin.

Strukturformel
Strukturformel von Imidazol
Allgemeines
Name Imidazol
Andere Namen
  • 1H-Imidazol (IUPAC)
  • 1,3-Diazol
  • 1,3-Diaza-2,4-cyclopentadien
  • Glyoxalin
  • Imutex
  • IMIDAZOLE (INCI)[1]
Summenformel C3H4N2
Kurzbeschreibung farblose, durch Verunreinigung oft hellgelbe Kristalle[2]
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer Extern 288-32-4
EG-Nummer 206-019-2
ECHA-InfoCard Extern 100.005.473
PubChem Extern 795
ChemSpider Extern 773
DrugBank Extern DB03366
Eigenschaften
Molare Masse 68,08 g/mol−1
Aggregatzustand fest[2]
Dichte 1,03 g/cm3 [2]
Schmelzpunkt 90–91 °C[2]
Siedepunkt 257 °C[2]
pKS-Wert 6,99 (25 °C, konjugierte Säure)[3]
Löslichkeit gut löslich in Wasser (633 g·l−1 bei 20 °C), Ethanol, Chloroform, Diethylether und Pyridin[2]
Brechungsindex 1,4801 (101 °C)[4]
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0 49,8 kJ/mol[9]

Gewinnung und Darstellung

Heinrich Debusstellte Imidazol 1858 erstmals her durch Reaktion von Glyoxal (Ethandial) mit Ammoniak NH3, daher stammt der veraltete Name Glyoxalin.[10] Mit der Debus-Synthese können aus geeignet substituierten 1,2-Diketonen, Aminen und Aldehyden entsprechend substituierte Imidazole dargestellt werden. In neuerer Zeit sind weitere Wege der Synthese von Imidazolen und Benzimidazolen beschrieben worden.[11]

Eigenschaften und Toxikologie

Imidazol bildet farblose Kristalle, die sich gut in Wasser lösen. Der Heterocyclus besitzt sowohl basische als auch saure Eigenschaften und ist daher ein Ampholyt. Die anionische Form des Imidazols heißt Imidazolid-Ion, die kationische Form Imidazolium-Ion.

Speziierung von Imidazol. Durch Deprotonieren entsteht aus dem Imidazol (Mitte) das Imidazolid-Ion (links), durch Protonieren das Imidazolium-Ion (rechts).

Auf Warmblüter wirkt Imidazol mit LD50-Werten zwischen 220 (Ratte)[7] und 880 mg/kg Körpergewicht (Maus)[8] mäßig toxisch; bei niederen Tieren besitzt es als Antimetabolit des Histidins und der Nicotinsäure eine deutlich höhere Giftigkeit und wird daher als Schädlingsbekämpfungsmittel verwendet.[10]

Verwendung

Imidazol dient als Ausgangsstoff für die Herstellung verschiedener Medikamente, insbesondere aber von Fungiziden des Azoltyps, z. B. Clotrimazol. Weiterhin findet es Verwendung bei der Aushärtung bestimmter Kunststoffe.

Ebenfalls verwendet man Imidazol als Puffersubstanz beim Karl-Fischer-Verfahren zur Wasserbestimmung. Eugen Scholz entwickelte 1984 das pyridinfreie Karl-Fischer-Reagenz mit Imidazol als Base. Dieses Reagenz ersetzt nicht nur das giftige und übelriechende Pyridin, es ermöglicht auch eine schnellere und genauere Titration, da Imidazol in einem günstigeren pH-Bereich puffert als Pyridin. Die Untersuchungen von Scholz zur Stöchiometrie zeigten auch, dass Methanol (Lösemittel und gleichzeitig an der Reaktion beteiligt) durch andere Alkohole ersetzt werden kann, z. B. Ethanol, 2-Propanol oder Methoxyethanol, die die Titerstabilität des Reagenzes verbesserten. Aufgrund dieser Erkenntnisse ergab sich folgende Reaktionsgleichung für die Karl-Fischer-Reaktion:

{\displaystyle \mathrm {\ ROH+SO_{2}+RN\longrightarrow (RNH)\cdot (SO_{3}R)} }
{\displaystyle \mathrm {\ (RNH)\cdot (SO_{3}R)+I_{2}+H_{2}O+2\ RN\longrightarrow } \ } {\displaystyle \mathrm {\ (RNH)\cdot (SO_{4}R)+2\ (RNH)\cdot I} }

In der Biochemie wird Imidazol zur Elution von Proteinen verwendet, die mit einem Histidin-Tag (mehrere aufeinanderfolgende Histidine) versehen sind. Dabei werden die Proteine an einer Metallionenchelat-Matrix (IMAC) wie z. B. Ni2+-NTA gebunden und durch hohe Konzentrationen von Imidazol wieder von der Säule ausgewaschen. Da Imidazol auch einige alkalische Phosphatasen inhibiert, ist es Bestandteil in der Biochemie verwendeter Phosphataseinhibitor-Cocktails.[12][13]

Imidazol wird auch als Linker für die Synthese von Zeolitic Imidazolate Frameworks (ZIFs) eingesetzt.[14] In den resultierenden Gerüststrukturen ist die deprotonierte Form (Imidazolat, Im) eingebaut, wobei beide Stickstoffatome an die entsprechenden Metallzentren koordiniert sind.

Risikobewertung

Imidazol wurde 2012 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Imidazol waren die Besorgnisse bezüglich der Einstufung als CMR-Stoff, hoher (aggregierter) Tonnage und weit verbreiteter Verwendung. Die Neubewertung fand ab 2012 statt und wurde vom Vereinigten Königreich durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.[15][16]

Am 9. Oktober 2020 flossen nach Angaben der BASF ca. 300 kg vom BASF-Werk Ludwigshafen in den Rhein.[17] Das Unternehmen selbst stufte den Vorfall als „für Wasserorganismen nicht gefährlich“ ein.[18]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Extern IMIDAZOLE in der CosIng-Datenbank
  2. .
  3. Hochspringen nach: a b c d e f Eintrag zu Imidazol. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag.
  4. W. M. Haynes (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 97. Auflage. (Internet-Version: 2016), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Dissociation Constants of Organic Acids and Bases, S. 5-93.
  5. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-300.
  6. Hochspringen nach: a b Eintrag zu Extern Imidazol in der GESTIS-Stoffdatenbank des Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
  7. Eintrag zu Extern Imidazole im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung Extern erweitern.
  8. Hochspringen nach: a b c Przeglad Epidemiologiczny. Vol. 67, S. 295, 1993.
  9. Hochspringen nach: a b Deutsche Patentoffenlegungsschrift. Vol. #3046325
  10. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-23.
  11. Hochspringen nach: a b Albert Gossauer: Struktur und Reaktivität der Biomoleküle, Verlag Helvetica Chimica Acta, 2006, ISBN 3-906390-29-2, S. 483.
  12. organic-chemistry.org: Extern Imidazole Synthesis.
  13. Claude Brunel, Guy Cathala: Imidazole: An inhibitor of l-phenylalanine-insensitive alkaline phosphatases of tissues other than intestine and placenta. In: Biochimica et Biophysica Acta (BBA) - Enzymology. 268, 1972, S. 415, doi:Extern 10.1016/0005-2744(72)90337-3.
  14. Extern Sigma Phosphatase Inhibitor Cocktail SICHERHEITSDATENBLATT (PDF-Datei) Beispiel
  15. Kyungkyou Noh, Jisu Lee, Jaheon Kim: Compositions and Structures of Zeolitic Imidazolate Frameworks. In: Israel Journal of Chemistry. Band 58, Nr. 9-10, 2018, S. 1075–1088, doi:Extern 10.1002/ijch.201800107.
  16. Europäische Chemikalienagentur (ECHA): Extern Substance Evaluation Conclusion and Evaluation Report.
  17. Community rolling action plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): Extern Imidazole.
  18. Extern BASF: Giftiger Stoff in den Rhein ausgetreten – Chemieunternehmen präsentiert Ursache, auf mannheim24.de
  19. Extern Produktaustritt in den Rhein, auf basf.com
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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 17.11. 2024