Filterkonvergenz
Die Filterkonvergenz ist ein Konvergenzbegriff in der Topologie, einem Teilgebiet der Mathematik. Sie wird über Mengenfilter formalisiert und ist neben der Konvergenz von Netzen eine Möglichkeit, die Konvergenz von Folgen in topologischen Räumen zu verallgemeinern.
Die Notwendigkeit, die Konvergenz von Folgen zu verallgemeinern resultiert
daraus, dass die Verwendung von Folgen in topologischen Räumen zur
Charakterisierung von topologischen Eigenschaften nicht ausreicht. So lassen
sich beispielsweise Funktionen konstruieren, welche der topologischen
Charakterisierung von Stetigkeit
(Urbilder offener Mengen sind wieder offen) nicht genügen, für die aber die
klassische Charakterisierung in metrischen
Räumen gilt (konvergiert die Folge
gegen
,
so konvergiert
gegen
.
Die Filterkonvergenz verallgemeinert die Folgenkonvergenz, so dass topologische
Eigenschaften auch in topologischen Räumen über Konvergenz und die aus ihr
abgeleiteten Begriffe charakterisiert werden können.
Rahmenbedingungen und Probleme
Ist ein metrischer
Raum
gegeben, so heißt eine Folge
konvergent, wenn gilt:
- für jedes
existiert ein
, so dass
für alle
.
Dies formalisiert die intuitive Vorstellung, dass eine konvergente Folge
beliebig nahe an ihren Grenzwert heranreicht: für jeden vorgegebenen Abstand
sind irgendwann alle Folgenglieder näher am Grenzwert als dieser Abstand.
Jeder metrische Raum ist auch immer ein topologischer
Raum .
Die offenen Mengen der Topologie
sind dann genau die Vereinigungen von (beliebig vielen) offenen
Kugeln
mit variablem Radius
.
Damit sind topologische Begriffe wie Abgeschlossenheit,
Stetigkeit
und Kompaktheit
in metrischen Räumen wohldefiniert und lassen sich auf zweierlei äquivalente
Arten beschreiben. Die erste wird in diesem Artikel die topologische
Charakterisierung genannt, die andere die Charakterisierung durch
Folgen. Betrachtet man als Beispiel die Abgeschlossenheit, so gilt:
- topologische Charakterisierung:
ist abgeschlossen
das Komplement von
liegt in
.
- Charakterisierung durch Folgen:
ist abgeschlossen
Der Grenzwert jeder konvergenten Folge aus
liegt wieder in
.
Die Definition der Konvergenz von Folgen kann problemlos auf beliebige
topologische Räume übertragen werden. Dazu wird der Abstand
vom Grenzwert als
-Umgebung
des Grenzwertes aufgefasst und dann im Rahmen der Übertragung auf beliebige Umgebungen
des Grenzwertes erweitert. Eine Folge
in einem topologischen Raum heißt dann konvergent gegen
,
wenn gilt:
- für jede Umgebung
von
existiert ein
, so dass
für alle
.
In topologischen Räumen stimmen die topologische Charakterisierung und die Charakterisierung durch Folgen von topologischen Eigenschaften im Allgemeinen nicht überein. So existieren Fälle von Punkten, die im Abschluss einer Menge liegen aber durch keine Folge in der Menge erreicht werden ebenso wie Berührungspunkte, gegen die keine Folge konvergiert. Aus diesem Grund unterscheidet man in topologischen Räumen die beiden Arten der Charakterisierung. Die Charakterisierung durch Folgen erhält dabei das Präfix "folgen- " (folgenabgeschlossen, folgenkompakt etc.), während die Namen der topologischen Charakterisierung meist unverändert bleiben (mit der Ausnahme der Überdeckungskompaktheit).
Damit sind Folgen einerseits für die Untersuchung von topologischen Strukturen nur bedingt geeignet, andererseits sind sie auch ein beliebtes und intuitiv zugängliches Hilfsmittel für viele Beweise. Die Filterkonvergenz verallgemeinert nun den Begriff der Folgekonvergenz, so dass die oben beschriebene Äquivalenz von Charakterisierung durch Folgen (und später Filtern) und topologischer Charakterisierung wie in metrischen Räumen auch in beliebigen topologischen Räumen gilt. Die Folgenkonvergenz erweist sich damit als Spezialfall der Filterkonvergenz.
Definition
Gegeben sei ein topologischer Raum .
Sei
ein Mengenfilter
in
und sei
der Umgebungsfilter
von
,
also die Menge aller Umgebungen von
Der Filter
heißt konvergent gegen
,
wenn
ist. Man schreibt dann
und nennt
einen Limespunkt von
.
Gilt für alle
und alle
,
dass
ist, so heißt
ein Berührpunkt. Somit ist die Menge aller Berührpunkte
gegeben als
.
Hierbei bezeichnet
den Abschluss
der Menge
.
Beispiel: Übergang zur Folgenkonvergenz
Die Folgenkonvergenz ist ein Spezialfall der Filterkonvergenz. Ist eine Folge
gegeben, so definiert man
,
die Folge ohne die ersten
Folgenglieder. Wählt man alle diese
als Filterbasis,
so erhält man den zur Folge gehörenden Filter
.
Die Konvergenz der Folge gegen
ist nun nach dem Abschnitt
"Rahmenbedingungen und Probleme" äquivalent zu
- für jede Umgebung
von
existiert ein
, so dass
,
da
per Definition alle Folgenglieder mit Index größer als
enthält. Daraus folgt aber direkt, dass
,
da
ist. Somit ist dann
.
Konvergiert also eine Folge gegen ,
so konvergiert auch der zur Folge gehörende Filter gegen
.
Limespunkt des Filters und Grenzwert der Folge stimmen dann überein. Analog
zeigt man, dass die Berührpunkte des Filters genau die Häufungspunkte der Folge
sind.
Folgerungen
Über die Filterkonvergenz lassen sich dann direkt folgende Aussagen zeigen:
- Ein
ist genau dann im Abschluss der Menge
enthalten, wenn ein Filter existiert, der die Menge
enthält und gegen
konvergiert.
- Eine Abbildung
ist genau dann stetig in
, wenn für jeden Filter
, der gegen
konvergiert, der Bildfilter
gegen
konvergiert. Der Bildfilter ist dabei als der Filter im Bildraum definiert, der die Filterbasis
besitzt.
Die Aussagen der Folgenkonvergenz wie sie in metrischen Räumen gelten übertragen sich also beinahe wörtlich auf die Filterkonvergenz und gelten dann auch in topologische Räumen.
Mit der Filterkonvergenz lassen sich noch weitere Eigenschaften charakterisieren: So ist ein topologischer Raum genau dann ein Hausdorff-Raum, wenn jeder konvergente Filter genau einen Limespunkt besitzt oder ein topologischer Raum genau dann kompakt, wenn jeder Ultrafilter konvergiert.
Literatur
- Boto von Querenburg: Mengentheoretische Topologie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 2001, ISBN 978-3-540-67790-1.
- Dirk Werner: Funktionalanalysis. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg Dordrecht London New York 2011, ISBN 978-3-642-21016-7.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 22.11. 2020