Kompaktheitssatz (Logik)
Der Kompaktheitssatz, auch Endlichkeitssatz genannt, ist einer
der wichtigsten Sätze der Aussagenlogik
und der Prädikatenlogik
erster Stufe. Er besagt: Eine (möglicherweise unendliche) Formelmenge
ist genau dann erfüllbar (d.h. hat ein Modell), wenn jede endliche
Teilmenge von
erfüllbar ist. Für die Logik der 2. Stufe gilt dieser Satz nicht.
Eine wichtige Folgerung aus dem Kompaktheitssatz ist, dass jede
(möglicherweise unendliche) Formelmenge ,
die beliebig große endliche Modelle hat, auch ein unendliches Modell hat. Mit
dieser Folgerung ist häufig die Axiomatisierbarkeit von Klassen endlicher Strukturen
widerlegbar.
Beweis
Für die Prädikatenlogik erster Stufe ergibt sich der Kompaktheitssatz als Korollar aus dem Gödelschen Vollständigkeitssatz. Dementsprechend kurz gestaltet sich auch der Beweis:
„“:
Angenommen,
hat ein Modell. Dann ist dieses (trivialerweise) auch ein Modell einer jeden
endlichen Teilmenge von
.
„“:
Angenommen, jede endliche Menge
besitzt ein Modell. Zur Erzeugung eines Widerspruchs wird angenommen,
habe kein Modell. Dann folgt aus
semantisch ein Widerspruch, z. B.
.
Formal:
(Jedes Modell, das
erfüllt, erfüllt auch den Widerspruch. Das gilt, weil es eben kein Modell für
gibt.)
Der Gödelsche Vollständigkeitssatz sagt nun, dass
schon syntaktisch aus
folgt. Formal:
Es gibt also einen formalen Beweis, eine syntaktische Herleitung von
aus
.
Da eine Herleitung in einem formalen System (nach Definition) endlich ist,
können in dieser Herleitung auch nur endlich viele Formeln aus
verwendet worden sein. Also ist aus einer endlichen Teilmenge von
ein Widerspruch herleitbar, und diese besitzt somit kein Modell
(Korrektheitssatz). Widerspruch. Also besitzt
doch ein Modell.
Im Kern des Beweises steht das folgende Ergebnis, das direkt aus dem Gödelschen Vollständigkeitssatz folgt:
Folgt eine Formel
aus einer Formelmenge
,
so gibt es eine endliche Menge
,
sodass
aus
folgt. (
es gibt endliches
mit
).
Ein gänzlich anderer Beweis, der auf den Begriff der syntaktischen Herleitbarkeit und auch auf den Vollständigkeitssatz verzichtet, ergibt sich in der Modelltheorie aus dem Satz von Łoś durch Ultraprodukte.
Prädikatenlogik zweiter Stufe
Aus dem Kompaktheitssatz folgt, dass eine Formelmenge, die ein unendliches
Modell hat, auch beliebig große Modelle hat. Denn hat
ein unendliches Modell, dann auch für eine beliebige (unendliche) Indexmenge
auch
,
denn jede endliche Menge hat ein Modell. (Die
sind neue Konstantensymbole)
Insbesondere lassen sich mit der Prädikatenlogik erster Stufe nur die endlichen, nicht aber die unendlichen Modelle bis auf Isomorphie charakterisieren.
Die Peano-Axiome beschreiben
in der Prädikatenlogik zweiter Stufe aber die natürlichen Zahlen bis auf
Isomorphie. Ist
die Menge der Peano-Axiome, so hat
kein Modell, obwohl jede endliche Teilmenge ein Modell hat.
Namensherkunft
Betrachtet man den Raum
aller Theorien einer bestimmten Sprache
,
die ein Modell besitzen, so kann man diesen Raum mit einer Topologie versehen:
Die Basismengen
sind die
.
Der Kompaktheitssatz besagt nun gerade, dass dieser Raum kompakt ist.
Stellung in der Mengenlehre
Beim Beweis des Kompaktheitsatzes werden transfinite Methoden wie z.B. das Zornsche Lemma benutzt: Die entscheidende Stelle ist der Satz von Lindenbaum, der es erlaubt, von einer konsistenten Theorie zu einer maximal konsistenten Theorie überzugehen. Anders als z.B. der Satz, dass jeder Vektorraum eine Basis hat, ist der Kompaktheitssatz aber nicht äquivalent zum Zornschen Lemma bzw. dem Auswahlaxiom. Er ist jedoch äquivalent zu einer Reihe von anderen Sätzen wie dem booleschen Primidealsatz.
Literatur
- Hans Dieter Ebbinghaus, Jörg Flum, Wolfgang Thomas: Einführung in die mathematische Logik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 3-8274-1691-4.



© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 22.02. 2021