Verschiebearbeit
In der Thermodynamik
bezeichnet Verschiebearbeit das Produkt aus Druck
und Volumen
einer Stoffmenge. Sie hat die Dimension
einer Energie und ist als Produkt
zweier Zustandsgrößen
selbst eine Zustandsgröße, obgleich sie als -arbeit
den Namen einer Prozessgröße trägt. Sie ist die Differenz von Enthalpie und innerer Energie eines thermodynamischen
Systems.
In der technischen Thermodynamik ist sie nützlich bei der Beschreibung offener Systeme, die von einem Stoffstrom durchflossen werden, z.B. Verdichter. Dort entspricht die Differenz der Verschiebearbeiten vor und hinter dem System der Arbeit, die aufgewendet werden muss, um die Stoffmenge durch das System zu transportieren.
Anwendung
Man betrachte ein Fluidvolumen ,
das sich in der Zuleitung (mit der Querschnittsfläche
)
eines offenen, durchströmten Systems befindet und dort die Zuleitungslänge
einnimmt. An dieser Stelle der Zuleitung herrsche der Druck
.
Läuft der Strömungsvorgang quasistationär
ab, dann sind die Kräfte an der Grenzfläche zwischen dem betrachteten Volumen
und dem nachfolgenden Volumen ausgeglichen und das Folgevolumen übt auf das
betrachtete Volumen die Kraft
aus. Sobald das betrachtete Volumen um seine eigene Länge
verschoben wurde, hat das Folgevolumen die Arbeit
am System aufgewendet.
Entsprechend wendet das System an seiner Austrittsfläche die Arbeit
auf, um die Stoffmenge aus dem System zu transportieren.
Die Differenz der beiden Arbeiten
ist somit die Arbeit, die notwendig ist, um die Stoffmenge durch das System zu
transportieren.
Zusammenhang mit Prozessgrößen
Die Änderung der Verschiebearbeit hängt zusammen mit Prozessgrößen
wie der Volumenänderungsarbeit
oder der technischen
Arbeit
(z.B. Wellenarbeit).
Dies wird deutlich mit dem totalen
Differential von
:
Die Differenz
der Verschiebarbeiten entspricht also der technischen Arbeit abzüglich
der Volumenänderungsarbeit
:
Am Beispiel des Verdichters wird dem System also zum einen
Volumenänderungsarbeit zur Kompression
des Gasstroms zugeführt, zum anderen muss die Differenz
der Verschiebearbeiten überwunden werden:
wobei die technische Arbeit z.B. über einen Elektromotor bereitgestellt wird.
Beispiel
Ein aus der Praxis bekannter Effekt, der auf die Verschiebearbeit zurückgeht,
tritt beim Entleeren oder Befüllen einer Gasflasche
auf. Zunächst sei die Gasflasche mit dem Volumen
über ein Ventil verschlossen. Das Gas im Inneren, mit der indiv. Gaskonstante
und der spez.
isochoren Wärmekapazität
,
steht unter dem Druck
und weist die Umgebungstemperatur
auf. In diesem Fall sind auch die Energie und die Masse für das Gas bekannt. Mit
der thermischen
Zustandsgleichung gilt für die Gasmasse
und für die innere Energie gilt:
In diesem Fall tritt trotz des Ausdruckes „“
keine Verschiebearbeit auf, da diese nur an der Systemgrenze definiert ist und
somit nur bei offenen Systemen vorkommt. Das Produkt aus Volumen und Druck
äußert sich hierbei als innere Energie (für ein ideales
Gas nach der thermischen Zustandsgleichung).
Öffnet man nun das Ventil und ist der Druck im Inneren größer als der Umgebungsdruck, tritt das Gas aus. Für die Massenbilanz des offenen Systems gilt hierbei
wobei der Massenstrom
über die Systemgrenze strömt. Gleichzeitig wird auch die Energie innerhalb der
Gasflasche abnehmen. Die spezifische innere Energie
wird zunächst mit dem Massenstrom abgeführt:
Man erkennt: Bei dieser Änderung der Energie bleibt die Temperatur konstant.
Dies entspricht aber nicht der Erfahrung, denn tatsächlich muss das Gas
zusätzlich Verschiebearbeit verrichten, was sich in einer Änderung der
Temperatur äußert. Unter Berücksichtigung der spezifischen Verschiebearbeit
gilt weiterhin:
Mit Integration über der Änderung der Masse innerhalb der Gasflaschen, im Intervall [1,2], wird ein Zusammenhang für die Gastemperatur erhalten:
Damit zeigt sich: Nur durch die Verschiebearbeit kühlt sich das Gas im Inneren der Flasche beim Entleeren ab.
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 27.12. 2021