Phenylhydrazin

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[1]
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Gefahr

H- und P-Sätze H:
  • Kann Krebs erzeugen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht).
  • Kann vermutlich genetische Defekte verursachen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht).
  • Giftig bei Einatmen.
  • Giftig bei Hautkontakt.
  • Giftig bei Verschlucken.
  • Schädigt die Organe (alle betroffenen Organe nennen) bei längerer oder wiederholter Exposition (Expositionsweg angeben, wenn schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht).
  • erursacht schwere Augenreizung.
  • Verursacht Hautreizungen.
  • Kann allergische Hautreaktionen verursachen.
  • Sehr giftig für Wasserorganismen.
P:
  • Vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen.
  • Freisetzung in die Umwelt vermeiden.
  • Bei Kontakt mit den Augen: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser spülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter spülen.
  • Bei Einatmen: Die Person an die frische Luft bringen und für ungehinderte Atmung sorgen.
  • Bei Berührung mit der Haut: Mit viel Wasser / … waschen. (Die vom Gesetzgeber offen gelassene Einfügung ist vom Inverkehrbringer zu ergänzen)
  • Bei Exposition oder falls betroffen: Sofort Giftinformationszentrum, Arzt oder … anrufen. (Die vom Gesetzgeber offen gelassene Einfügung ist vom Inverkehrbringer zu ergänzen. Keine offizielle P-Satz-Kombination)
[1]
MAK Schweiz: 5 ml/m3 bzw. 22 mg/m3[4]
Toxikologische Daten 188 mg/kg (LD50Ratteoral)[1]

Phenylhydrazin ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der aromatischen Hydrazine. Es ist eine gelbliche Flüssigkeit, die sich an Luft zunehmend dunkelrot bis rotbraun färbt.

Strukturformel
Struktur von Phenylhydrazin
Allgemeines
Name Phenylhydrazin
Andere Namen
  • Hydrazinobenzol
  • Monophenylhydrazin
Summenformel C6H8N2
Kurzbeschreibung rotbraune Flüssigkeit mit aromatischem Geruch[1]
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer Extern 100-63-0
EG-Nummer 202-873-5
ECHA-InfoCard Extern 100.002.612
PubChem Extern 7516
ChemSpider Extern 7235
Eigenschaften
Molare Masse 108,14 g/mol
Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,1 g/cm3[1]
Schmelzpunkt 19,6 °C[1] (24 °C für das Hemihydrat)
Siedepunkt 244 °C[1] (teilweise Zersetzung)
Dampfdruck 6 Pa bei 20 °C[1]
Löslichkeit
  • gut in Wasser (145 g/l bei 25 °C)[1]
  • mischbar mit Ethanol, Ether, Chloroform, Benzol und Aceton[2]

Geschichte

Phenylhydrazin wurde als erste aromatische Hydrazinverbindung durch Emil Fischer im Jahre 1875 untersucht.[5] Er stellte es durch Reduktion von Phenyldiazoniumsalzen mit Sulfitsalzen dar. Fischer nutzte Phenylhydrazin zur Untersuchung der Struktur von Kohlenhydraten durch Bildung von Hydrazonen aus der Aldehydgruppe der Zucker.

Vorkommen

Phenylhydrazin kommt natürlich in einigen Pflanzen[2] (Lorbeerbaum) vor.[6][7] Phenylhydrazine wurden auch in Pilzen (zum Beispiel Agaricus bisporus) nachgewiesen.[8][9]

Gewinnung und Darstellung

Phenylhydrazin wird kommerziell durch Diazotierung von Anilin mit anschließender Reduktion des Diazoniumkations z. B. durch Natriumsulfit gewonnen.[10] Im Jahr 1998 betrug die Produktionsmenge in Westeuropa 6650 Tonnen.[2]

Eigenschaften

Phenylhydrazin bildet monokline Kristalle und schmilzt bei Raumtemperatur zu einer öligen Flüssigkeit. Es zersetzt sich bei einer Temperatur von mehr als 260 °C. Die mittels DSC bestimmte Zersetzungswärme beträgt −71 kJ/mol bzw. −662 kJ/kg.[11] Seine Dämpfe sind viermal so schwer wie Luft. Es ist ein starkes Reduktionsmittel und leicht löslich in Wasser.

Verwendung

Phenylhydrazin wird als Zwischenprodukt zur Herstellung von Indolen verwendet (Fischersche Indolsynthese), die wiederum Zwischenprodukte für die Synthese verschiedener Farbstoffe, Agrochemikalien und Pharmazeutika sind. Es dient ebenfalls als Ausgangsstoff zur Herstellung von Entwicklern für die Fototechnik.[12]

Weiterhin kann es als Reagenz zum Nachweis bzw. zur Identifizierung von Verbindungen mit Carbonylgruppen dienen (Bildung von Phenylhydrazonen oder Osazonen).[13] Der Einsatz von Phenylhydrazin als Laborchemikalie (analytische Reagenz für Aldehyde, Ketone und Zucker (Phenylhydrazinprobe) durch Bildung der gut kristallisierenden Phenylhydrazone oder Osazone, zum Nachweis von Molybdän und anderen Metallen) ist mit einer Derivatisierung verbunden.

Sicherheitshinweise

Phenylhydrazin ist selbstentzündlich, wenn es verunreinigt wird oder in Kontakt mit Stoffen mit großer Oberfläche (z. B. Putzwolle oder Sand) kommt. Seine Dämpfe können beim Erhitzen über seinen Flammpunkt (89 °C) mit Luft ein explosionsfähiges Gemisch bilden. Phenylhydrazin gilt als krebserzeugend, ist ein starkes Blutgift (Methämoglobinbildung) und verursacht auf der Haut Ekzeme.[14] Darüber hinaus führt es zu einer irreversiblen Schädigung des Blutfarbstoffs und der Erythrocyten.[1]

Verbindungen und Derivate des Phenylhydrazins

Regulierung

Über den Safe Drinking Water and Toxic Enforcement Act of 1986 besteht in Kalifornien seit 1. Juli 1992 eine Kennzeichnungspflicht für Produkte, die Phenylhydrazin oder eines seiner Salze enthalten.[17]

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: a b c d e f g h i j Eintrag zu Extern Phenylhydrazin in der GESTIS-Stoffdatenbank des Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
  2. Hochspringen nach: a b c Concise International Chemical Assessment Document (CICAD) für Extern Phenylhydrazine,
  3. Eintrag zu Extern Phenylhydrazine im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung Extern erweitern.
  4. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Extern Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 100-63-0 bzw. Phenylhydrazin)
  5. E. Fischer: Extern Über aromatische Hydrazinverbindungen. In: Ber. Dtsch. Chem. Ges. Band 8, 1875, S. 589–594.
  6. Martin Jacobson: Glossary Of Plant Derived Insect Deterrents. CRC Press, 2019, ISBN 978-1-351-08072-9, S. 65 (Extern eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Nora Saim, Clifton E. Meloan: Compounds from leaves of bay (Laurus nobilis L.) as repellents for Tribolium castaneum (Herbst) when added to wheat flour. In: Journal of Stored Products Research. Band 22, Nr. 3, 1986, S. 141–144, doi:Extern 10.1016/0022-474X(86)90007-X.
  8. V. Schulzová, J. Hajslová, R. Peroutka, J. Gry, H. C. Andersson: Influence of storage and household processing on the agaritine content of the cultivated Agaricus mushroom. In: Food Additives and Contaminants. Band 19, Nr. 9, 2002, S. 853–862, doi:Extern 10.1080/02652030210156340, Extern PMID 12396396.
  9. Nordic Council of Ministers: Extern Phenylhydrazines in the Cultivated Mushroom (Agaricus bisporus) : - occurrence, biological properties, risk assessment and recommendations.
  10. G. H. Coleman: Extern Phenylhydrazine In: Organic Syntheses. 2, 1922, S. 71, doi:Extern 10.15227/orgsyn.002.0071; Coll. Vol. 1, 1941, S. 442 (Extern PDF)
  11. T. Grewer, O. Klais: Exotherme Zersetzung - Untersuchungen der charakteristischen Stoffeigenschaften. (= Humanisierung des Arbeitslebens. Band 84). VDI-Verlag, Düsseldorf 1988, ISBN 3-18-400855-X, S. 9.
  12. Bundesagentur für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Datenblatt Extern Phenylhydrazin, automatischer Download.
  13. Extern Reaktionen bioorganischer Verbindungen (PDF; 605 kB).
  14. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage. VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1985, ISBN 3-342-00280-8, S. 522.
  15. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Phenylhydraziniumchlorid: CAS-Nummer: Extern 59-88-1, EG-Nummer: 200-444-7, ECHA-InfoCard: Extern 100.000.404, GESTIS-Stoffdatenbank: Extern 490069, PubChem: Extern 60962, ChemSpider: Extern 54924.
  16. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Phenylhydrazinsulfat: CAS-Nummer: Extern 52033-74-6, EG-Nummer: 257-622-2, ECHA-InfoCard: Extern 100.052.367, GESTIS-Stoffdatenbank: Extern 144330, PubChem: Extern 6452561, ChemSpider: Extern 4954989.
  17. Extern Phenylhydrazin. OEHHA, 1. Juli 1992.
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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 10.06. 2024