Rathaus

Rathaus um 2008

Das Rathaus ist ein zweigeschossiges, massives und unverputztes Doppelhaus über fast quadratischem Grundriß. Bestimmend und weithin sichtbar sind die beiden hohen Walmdächer, in deren Schnittpunkt an der Marktseite sich ein barocker Turmbau erhebt.
Der älteste Teil, zu Beginn des 13. Jh. entstanden, befindet sich in der nördlichen Hälfte und stellt einen dreigeschossigen, unterkellerten Bau dar, an dessen Außenwand die Fenster der beiden Obergeschosse sichtbar sind. Die zwei noch existierenden Räume sind gewölbt und durch zwei übereinanderliegende Zugänge aus der Zeit um 1500 erreichbar. Der gleichen Zeit entstammen auch beide Türen, deren untere eiserne mit einem komplizierten Schließsystem ausgestattet ist.
Die ursprüngliche Nutzung dieses Bauteils, der als einer der ältesten profanen Bauten Jenas angesehen werden muß, ist unklar. Sicher aber erscheint es, daß er in engem Zusammenhang mit der Entwicklung des Ortes zur Stadt steht und möglicherweise als Münzstätte gedient hat.

Mit dem Übergang der Besitzerrechte über die Stadt auf die Thüringer Landgrafen zu Beginn des 14. Jh. und der erstarkenden Macht des Stadtrats mit Rechten an Zoll, Münze und Gerichtsbarkeit wurde der Neubau eines Rathauses notwendig. Als Vertreter der Stadtherrschaft trat der Rat der Stadt als Bauherr auf und repräsentierte sich in beeindruckender Weise in der Größe seines Rathauses. Dieser Neubau, urkundlichen Belegen zufolge etwa zwischen 1377 und 1380 entstanden, ist in seiner Gesamterscheinung noch heute erhalten.

Er besaß gegenüber den niedrigen Häusern beherrschende Funktion und überragte mit seinen beiden Steildächern die übrige Bebauung. Neueren Untersuchungen zufolge wurde zunächst der südliche Teilbau mit Fleisch- und Brotbänken sowie die Ratsherrenstube und eine Kapelle errichtet, bevor mit dem Bau der anderen Hälfte unter Einbeziehung des erwähnten Vorgängerbaus begonnen wurde. Besonders bemerkenswert ist beim Jenaer Rathaus die auffallend schlichte und schmucklose Bauweise und die kompakte Massigkeit. Fassaden im eigentlichen Sinne sind nicht ausgebildet. Die Marktseite ist streng durch hohe spitzbogige Arkaden, teilweise zu Fenstern umgestaltet, und eine einheitliche Reihung von Rechteckfenstern gegliedert, die Arkaden der Westseite sind vermauert. Einen Eindruck vom einstigen Aussehen des gesamten Erdgeschosses vermittelt der vorhandene südliche Durchgang vom Markt zur Löbderstraße.

Ursprünglich war der obere Abschluß der Traufe mit einem steinernen Zinnenkranz versehen, den an der Marktseite eine kleine Außenkanzel mit zierlicher Haube unterbrach. Ihr Standort ist an einem Traufenvorsprung und der Wandvorlage darunter noch sichtbar. Nördlich dieses Anbaus befand sich eine spätgotische Kunstuhr mit einem Figurenspiel. Ein kleines Türmchen mit der Sturmglocke krönte das Norddach. Ergebnis der "Haupt-Reparatur" des Hauses im Jahre 1755 war die Errichtung des barocken Mittelturmes, an den die Kunstuhr versetzt wurde. Dem Umbau fielen somit der Erker und auch das Zinnengesims zum Opfer. Der einzige Rest mittelalterlichen Schmucks sind die noch vorhandene Konsole und der Baldachin an der Südwestecke, zwischen denen wahrscheinlich eine plastische Freifigur stand.

Das Innere stellt eine kreuzgratgewölbte, vierschiff ige Halle von sieben Jochen dar. Die heutige Raumaufteilung entstand erst um 1900 nach einem grundlegenden Umbau und veränderte das Gefüge erheblich.

Die "Zeise" " sprachlich hergeleitet von der Steuer "Akzise" " sowie die Waage und eine große Küche waren in der Nordhälfte untergebracht, während in den südlichen Arkadendurchgängen die Fleischbänke standen, die seit 1377 der Stadtrat an die Fleischer vermietete.

Beherrschender Raum des Obergeschosses ist die erhalten gebliebene Rathausdiele, die sich ursprünglich noch weiter nach Osten und Süden ausdehnte. Drei hohe, spitzbogige Arkaden sowie die Holzdecke auf Unterzügen verleihen diesem Raum einen großzügig-repräsentativen Charakter, der noch durch zwei schlanke, gedrehte Pfeiler gesteigert wird.
Weitere Räume in diesem Hauptgeschoß sind der Sitzungssaal in der Südwestecke und das Standesamt. Die ehemalige, 1632 eingerichtete Steuerstube dient dem Rat der Stadt als Trauzimmer. Dieser annähernd quadratische Raum, hat dicke Bohlenwände, eine zeitgenössische Schrankwand und stuckierte Deckenfelder zwischen großen, sich kreuzenden Unterzügen. Besonders bemerkenswert ist die nach der Diele fühiende, reich verzierte Tür mit der Skulptur des St. Michael. Die Jahreszahl 1683 und die Namen dreier Bürgermeister deuten auf eine barocke Innenausstattung und ihre Auftraggeber.

Die am Turm erwähnte Kunstuhr mit dem Figurenspiel des "Schnapphans" zählt zu den sog. sieben Wundern Jenas.


 
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Datum der letzten Änderung : Jena, den: 20.10. 2014