Teil VII. Strafbestimmungen * Versailler Vertrag * Teil IX. Finanzielle Bestimmungen

Friedensvertrag von Versailles
["Versailler Vertrag"].

Vom 28. Juni 1919.


[...]

Teil VIII.
Wiedergutmachungen.

Abschnitt I.
Allgemeine Bestimmungen.

Artikel 231.

  Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben.

Artikel 232.

  Die alliierten und assoziierten Regierungen erkennen an, daß die Hilfsmittel Deutschlands unter Berücksichtigung ihrer dauernden, sich aus den übrigen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags ergebenden Verminderung nicht ausreichen, um die volle Wiedergutmachung aller dieser Verluste und Schäden sicherzustellen.
  Immerhin verlangen die alliierten und assoziierten Regierungen und Deutschland verpflichtet sich dazu, daß alle Schäden wieder gutgemacht werden, die der Zivilbevölkerung jeder der alliierten und assoziierten Mächte und ihrem Gut während der Zeit, in der sich die beteiligte Macht mit Deutschland im Kriegszustand befand, durch diesen Angriff zu Lande, zur See und in der Luft zugefügt worden sind, sowie überhaupt alle Schäden, die in der Anlage I näher bezeichnet sind.
  In Erfüllung der von Deutschland bereits früher bezüglich der völligen Wiederherstellung und Wiederaufrichtung Belgiens gegebenen Zusage verpflichtet sich Deutschland noch über den an anderer Stelle in diesem Kapitel vorgesehenen Schadensersatz hinaus, und als Folge der Verletzung des Vertrags von 1839, alle Summen zu erstatten, die Belgien von den alliierten und assoziierten Regierungen bis zum 11. November 1918 entliehen hat, nebst 5 v. H. Zinsen aufs Jahr für diese Summen. Der Betrag dieser Summen wird durch den Wiedergutmachungsausschuß festgestellt, und die deutsche Regierung verpflichtet sich, sofort eine entsprechende Ausgabe von besonderen Schatzscheinen auf den Inhaber, zahlbar in Mark Gold am 1. Mai 1926 oder nach Wahl der deutschen Regierung am 1. Mai eines der 1926 vorausgehenden Jahre, zu veranstalten. Unter Berücksichtigung obiger Bestimmungen wird die Form dieser Schatzscheine durch den Wiedergutmachungsausschuß festgesetzt. Die Schatzscheine werden dem Wiedergutmachungsausschuß ausgefolgt, der zur Entgegennahme und Empfangsbestätigung im Rahmen Belgiens ermächtigt ist.

Artikel 233.

  Der Betrag der bezeichneten Schäden, deren Wiedergutmachung Deutschland schuldet, wird durch einen interalliierten Ausschuß festgesetzt, der den Namen "Wiedergutmachungsausschuß" trägt und in der Form und mit den Befugnissen, wie nachstehend und in Anlage II bis VII ausgeführt, gebildet wird.
   Dieser Ausschuß prüft die Ansprüche und gewährt der deutschen Regierung nach Billigkeit Gehör.
  Die Beschlüsse dieses Ausschusses über den Betrag der oben näher bestimmten Schäden werden spätestens am 1. Mai 1921 aufgesetzt und der deutschen Regierung als Gesamtbetrag ihrer Verpflichtungen bekanntgegeben.
  Zu gleicher Zeit stellt der Ausschuß einen Zahlungsplan auf, der die Fälligkeitszeiten und die Art und Weise vorschreibt, wie Deutschland vom 1. Mai 1921 an seine gesamte Schuld in einem Zeitraum von 30 Jahren zu tilgen hat. Sollte jedoch im Laufe dieses Zeitraums Deutschland mit der Begleichung seiner Schuld im Rückstande bleiben, so kann die Zahlung jeder Restsumme nach Gutdünken des Ausschusses auf spätere Jahre verschoben werden oder unter Bedingungen, die die alliierten und assoziierten Regierungen entsprechend dem in diesem Teile des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Verfahren festsetzen, eine anderweitige Behandlung erfahren.

Artikel 234.

  Der Wiedergutmachungsausschuß prüft vom 1. Mai 1921 ab von Zeit zu Zeit die Hilfsmittel und Leistungsfähigkeit Deutschlands. Er gewährt dessen Vertretern nach Billigkeit Gehör und Vollmacht, danach die Frist für die im Artikel 233 vorgesehenen Zahlungen zu verlängern und die Form der Zahlung abzuändern; ohne besondere Ermächtigung der verschiedenen im Ausschuß vertretenen Regierungen darf er jedoch keine Zahlung erlassen.

Artikel 235.

  Um den alliierten und assoziierten Mächten schon jetzt die Wiederaufrichtung ihres gewerblichen und wirtschaftlichen Lebens zu ermöglichen, bevor der endgültige Betrag ihrer Ansprüche festgesetzt ist, zahlt Deutschland in Anrechnung auf obige Schuld während der Jahre 1919, 1920 und der ersten vier Monate von 1921 in so viel Raten und in solcher Form (in Gold, Waren, Schiffen, Wertpapieren oder anderswie), wie es der Wiedergutmachungsausschuß festsetzt, den Gegenwert von 20 000 000 000 (zwanzig Milliarden) Mark Gold; aus dieser Summe werden zunächst die Kosten für die Besetzungsarmee entsprechend dem Waffenstillstandsvertrag vom 11. November 1918 bestritten; weiter können diejenigen Mengen von Nahrungsmitteln und Rohstoffen, die von den Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte für nötig gehalten werden, um Deutschland die Möglichkeit zur Erfüllung seiner Verpflichtung zur Wiedergutmachung zu gewähren, gleichfalls mit Genehmigung der genannten Regierungen aus der bezeichneten Summe bezahlt werden. Der Rest ist von Deutschlands Wiedergutmachungsschuld in Abzug zu bringen. Außerdem hinterlegt Deutschland die im § 12c) der beigefügten Anlage II vorgesehenen Schatzscheine.

Artikel 236.

  Des weiteren willigt Deutschland ein, daß seine wirtschaftlichen Hilfsmittel der Wiedergutmachung unmittelbar dienstbar gemacht werden, wie in Anlage III, IV, V und VI, betreffend Handelsflotte, Wiederherstellung in Natur, Kohle und deren Nebenprodukte, Farbstoffe und andere chemische Erzeugnisse, näher bestimmt ist; immer mit der Maßgabe, daß der Wert der übertragenen Güter und des von ihnen gemäß den genannten Anlagen gemachten Gebrauchs, nachdem er in der dort vorgeschriebenen Weise festgestellt ist, Deutschland gutgeschrieben wird und von den in obigen Artikeln festgesetzten Verpflichtungen in Abzug kommt.

Artikel 237.

  Die jeweiligen Zahlungen Deutschlands auf obige Ansprüche einschließlich der in den vorstehenden Artikeln behandelten werden von den alliierten und assoziierten Regierungen nach einem von ihnen im voraus festgesetzten, auf Billigkeit und den Rechten jeder Regierung beruhenden Verhältnis verteilt.
  Bei dieser Verteilung wird er Wert der gemäß Artikels 243 und Anlage III, IV, V, VI und VII gelieferten Güter und geleisteten Dienste in derselben Weise in Rechnung gestellt wie die im gleichen Jahr bewirkten Zahlungen.

Artikel 238.

  Außer den oben vorgesehenen Zahlungen bewirkt Deutschland gemäß dem von dem Wiedergutmachungsausschuß bestimmten Verfahren die Rücklieferung in bar des weggeführten, beschlagnahmten oder sequestrierten Bargeldes wie auch die Rücklieferung der weggeführten, beschlagnahmten oder sequestrierten Tiere, Gegenstände aller Art und Wertpapiere, falls es möglich ist, sie auf dem Gebiete Deutschlands oder seiner Verbündeten festzustellen.
  Bis zur Einführung dieses Verfahrens werden die Rücklieferungen entsprechend den Bestimmungen des Waffenstillstandes vom 11. November 1918, seiner Verlängerungsabkommen und der Nachtragsprotokolle fortgesetzt.

Artikel 239.

Die deutsche Regierung verpflichtet sich, die in obigem Artikel 238 vorgesehenen Rücklieferungen unverzüglich durchzuführen und die in Artikel 233, 234, 235 und 236 vorgesehenen Zahlungen und Lieferungen zu bewirken.

Artikel 240.

Die deutsche Regierung erkennt den durch Artikel 233 vorgesehenen Ausschuß in der Form an, wie er von den alliierten und assoziierten Regierungen gemäß Anlage II zu bilden  ist. Sie gesteht ihm unwiderruflich Besitz und Ausübung aller ihm durch den gegenwärtigen Vertrag verliehenen Rechte und Befugnisse zu.
  Die deutsche Regierung liefert dem Ausschuß alle Auskünfte über Finanzlage und Finanzgeschäfte, Güter, Produktionskraft, Vorräte und laufende Erzeugung von Rohstoffen und gewerblichen Erzeugnissen Deutschlands und seiner Reichsangehörigen, deren er bedarf; desgleichen liefert sie jede Auskunft über militärische Operationen, deren Kenntnis für die Feststellung von Deutschlands Verpflichtungen gemäß Anlage I von dem Ausschuß für nötig erachtet wird.
  Sie räumt den Mitgliedern des Ausschusses und seinen anerkannten Vertretern alle Rechte und die Unverletzlichkeit ein, die die ordnungsgemäß beglaubigten diplomatischen Vertreter befreundeter Mächte in Deutschland genießen.
  Deutschland übernimmt es außerdem, die Bezüge und Kosten des Ausschusses und des von ihm benötigten Personals zu bestreiten.

Artikel 241.

  Deutschland sagt zu, alle Gesetze, Verordnungen und Verfügungen bekanntzumachen, in Kraft zu halten und zu veröffentlichen, die für die vollständige Erfüllung gegenwärtiger Bestimmungen nötig werden.

Artikel 242.

  Die Bestimmungen dieses Teils des gegenwärtigen Vertrags finden keine Anwendung auf Eigentum, Rechte und Interessen, die unter Abschnitt III und IV Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags fallen, ebensowenig auf den Erlöß ihrer Liquidation, außer soweit der im Artikel 243a) erwähnte endgültige Saldo zugunsten Deutschlands in Betracht kommt.

Artikel 243.

Auf seine Wiedergutmachungsschuld werden Deutschland folgende Posten gutgeschrieben:
    a) Jeder endgültige Saldo zugunsten Deutschlands gemäß Abschnitt V (Elsaß-Lothringen) Teil III (Politische Bestimmungen über Europa) und gemäß Abschnitt III und IV Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags;
    b) alle an Deutschland auf Grund der in Abschnitt IV (Saarbecken) Teil III (Politische Bestimmungen über Europa), Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) und Teil XII (Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen) vorgesehenen Abtretungen geschuldeten Summen;
    c) alle Summen, die nach dem Urteil des Ausschusses Deutschland in Anrechnung auf jede sonstige durch den gegenwärtigen Vertrag vorgesehene Übertragung von Eigentum, Rechten, Konzessionen oder anderen Interessen gutzubringen sind.
      Keinesfalls dürfen jedoch die auf Grund von Artikel 238 dieses Teils erfolgten Rücklieferungen Deutschland gutgeschrieben werden.

Artikel 244.

  Die Abtretung der deutschen Überseekabel, die nicht Gegenstand einer besonderen Bestimmung des gegenwärtigen Vertrags bilden, ist durch Anlage VII geregelt.

 

Anlage I.

Gemäß obigen Artikel 232 kann von Deutschland Ersatz für jeglichen Schaden gefordert werden, der unter eine der folgenden Gattungen fällt:
  1. Schäden, die, wo auch immer es sei, Zivilpersonen an ihrer Person oder ihrem Leben und den ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen durch irgendwelche Kriegshandlungen, einschließlich der Bombardements und sonstiger Land-, See- und Luftangriffe, sowie durch die unmittelbaren Folgen dieser Kriegshandlungen oder die Folgen irgendwelcher Kriegsoperationen der beiden kriegsführenden Gruppen zugefügt worden sind.
  2. Schäden, die, wo auch immer es sei, von Deutschland und seinen Verbündeten Zivilpersonen oder den ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen durch Grausamkeiten, Gewalttätigkeiten oder Mißhandlungen zugefügt sind. Darunter fällt auch Schädigung an Leben oder Gesundheit infolge von Gefangensetzung, Verschickung, Internierung, Abschiebung, Aussetzung auf See und Zwangsarbeit.
  3. Schäden, die von Deutschland oder seinen Verbündeten auf eigenem Gebiet oder im besetzten und mit Krieg überzogenem Gebiet Zivilpersonen oder den ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen durch Verletzung von Gesundheit, Arbeitsfähigkeit oder Ehre zugefügt sind.
  4. Schäden aus jeder Art schlechter Behandlung von Kriegsgefangenen.
  5. Als Schaden, der den Völkern der alliierten und assoziierten Mächte zugefügt ist, alle Pensionen und gleichartigen Vergütungen an die militärischen Opfer des Krieges (Landheer, Marine und Luftstreitkräfte), Verstümmelte, Verwundete, Kranke oder Invalide und an Personen, deren Ernährer diese Opfer waren; als Betrag dieser den alliierten und assoziierten Regierungen geschuldeten Summen kommt für jede dieser Regierungen der kapitalisierte Wert der bezeichneten Pensionen und Vergütungen in Anschlag. Bei der Umrechnung auf den Kapitalwert werden der Zeitpunkt des Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrags und die in Frankreich zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarife zugrunde gelegt.
  6. Die Kosten der Unterstützung, die von den Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte den Kriegsgefangenen, ihren Familien und den Personen, deren Ernährer sie waren, gewährt worden ist.
  7. Die Zuwendungen der Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte an die Familien der Mobilisierten und aller im Heer Gedienten und an die ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten Personen; der Betrag der ihnen für jedes Jahr der Dauer der Feindseligkeiten zustehenden Summen wird für jede der genannten Regierungen auf der Grundlage des in Frankreich in dem betreffenden Jahre für Zahlungen dieser Art geltenden Durchschnittstarifs errechnet.
  8. Die den Zivilpersonen von Deutschland oder seinen Verbündeten durch Heranziehung zur Arbeit ohne angemessenen Vergütung zugefügte Schäden.
  9. Schäden an allem Eigentum, gleichviel wo belegen, das einer der alliierten oder assoziierten Mächte oder ihren Staatsangehörigen zusteht (ausgenommen Anlagen und Material des Heeres und der Marine) und durch die Maßnahmen Deutschlands oder seiner Verbündeten zu Lande, zu Wasser oder in der Luft weggeführt, beschlagnahmt, beschädigt oder zerstört worden ist, oder Schäden, die unmittelbar aus den Feindseligkeiten oder irgendwelchen Kriegshandlungen erwachsen sind.
  10. Schäden, die der Zivilbevölkerung in Form von Auflagen, Geldstrafen oder ähnlichen Beitreibungen seitens Deutschlands oder seiner Verbündeten zugefügt sind.

 

Anlage II.

§ 1.

Der im Artikel 233 vorgesehene Ausschuß erhält die Bezeichnung "Wiedergutmachungsausschuß"; in den folgenden Artikeln wird er kurz als "Der Ausschuß" bezeichnet.

§ 2.

  In den Ausschuß entsenden die Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Belgien und der serbo-kroatisch-slovenische Staate Delegierte. Jede dieser Mächte ernennt einen Delegierten und ebenso einen Hilfsdelegierten, der für den Delegierten im Falle seiner Erkrankung oder unfreiwilligen Abwesenheit eintritt, aber sonst nur das Recht hat, den Verhandlungen beizuwohnen, ohne in sie einzugreifen.
  An den Beratungen und Abstimmungen des Ausschusses sind immer nur fünf Delegierte der obigen Mächte teilzunehmen berechtigt. Der Delegierte der Vereinigten Staaten, Großbritanniens, Frankreichs und Italiens hat immer dieses Recht. Der Delegierte Belgiens hat es in allen Fällen außer dem nachgenannten. Der Delegierte Japans hat es in den Fällen, in denen Fragen der Seeschäden oder im Artikel 260 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) vorgesehenen Fragen, in denen japanische Interessen in Rede stehen, behandelt werden. Der Delegierte des Serbo-kroatisch-slowenischen Staates hat das Recht, wenn Fragen bezüglich Österreich, Ungarns oder Bulgariens zur Erörterung stehen.
  Jeder der im Ausschuß vertretenen Regierung steht es frei, aus ihm auszuscheiden. Dem Ausschuß hat sie zwölf Monate vorher eine entsprechende Ankündigung zugehen zu lassen; diese ursprüngliche Ankündigung muß im Laufe des sechsten Monats nach ihrer Zustellung bestätigt werden.

§ 3.

  Die übrigen alliierten und assoziierten Staaten sind berechtigt, wenn ihre Interessen verhandelt werden, einen Delegierten zu ernennen, der jedoch nur dann anwesend sein und als Beisitzer mitwirken darf, wenn Ansprüche und Interessen  s e i n e s  Staates untersucht und erörtert werden; ein Stimmrecht steht diesem Delegierten nicht zu.

§ 4.

  Falls ein Delegierter, Hilfsdelegierter oder Beisitzer stirbt, zurücktritt oder abberufen wird, so ist sobald als möglich ein Nachfolger zu ernennen.

§ 5.

  Der Ausschuß hat seine ständige Hauptgeschäftsstelle in Paris und tritt zum ersten Mal in kürzester Frist nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags in Paris zusammen; späterhin tritt er jeweils an dem Ort und zu der Zeit zusammen, die er für geeignet erachtet und die zur schnellsten Durchführung seiner Aufgabe notwendig sind.

§ 6.

  In seiner ersten Sitzung wählt der Ausschuß aus den oben genannten Delegierten einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden, die ein Jahr lang im Amte bleiben und wiederwählbar sind. Wird das Amt des Vorsitzenden oder des stellvertretenden Vorsitzenden während der einjährigen Amtsdauer frei, so hat der Ausschuß unverzüglich [engl. Text: "unverzüglich" nicht vorhanden] zu einer Neuwahl für den Rest des genannten Zeitraums zu schreiten.

§ 7.

  Der Ausschuß ist berechtigt, die zur Erfüllung seiner Obliegenheiten erforderliche Beamten, Beauftragten und Angestellten zu ernennen, ihre Vergütungen festzusetzen, Sonderausschüsse zu bilden, deren Mitglieder selbst nicht dem Ausschuß angehören brauchen, und alle Ausführungsmaßnahmen zur Durchführung seiner Aufgaben zu treffen, endlich seine Amtsbefugnisse und Vollmachten auf seine Beamten, Beauftragten und Sonderausschüsse zu übertragen.

§ 8.

  Alle Beratungen [engl. Text: "Verfahrenshandlungen"] des Ausschusses sind geheim, soweit er nicht im Einzelfall aus besonderen Gründen ein anderes bestimmt.

§ 9.

  Auf Antrag der deutschen Regierung hat der Ausschuß alle Gründe und Beweise anzuhören, die von Deutschland hinsichtlich aller seine Zahlungsfähigkeit betreffenden Fragen vorgebracht werden; die Fristen für dies Vorbringen setzt sie von Zeit zu Zeit fest.

§ 10.

  Der Ausschuß prüft die Ansprüche und gewährt der deutschen Regierung Gehör nach Billigkeit, ohne daß dieser jedoch irgendein Anteil an den Beschlüssen des Ausschusses zusteht. In gleicher Weise gewährt der Ausschuß Deutschlands Bundesgenossen Gehör, wenn deren Interessen nach seiner Ansicht in Frage kommen.

§ 11.

  Der Ausschuß ist an keine Gesetzgebung , keine bestimmten Gesetzbücher, auch nicht an besondere Vorschriften über die Untersuchung [engl. Text: "auch nicht an besondere Beweisregeln"] und das Verfahren gebunden; er läßt sich von der Gerechtigkeit, der Billigkeit und von Treu und Glauben leiten. Der Ausschuß hat bei seinen Entscheidungen für gleichliegende Fälle einheitliche Gesichtspunkte und Regeln zugrunde zu legen. Er regelt das Beweisverfahren für die Schadensersatzansprüche. Er kann jede ordnungsmäßige Berechnungsart anwenden.

§ 12.

Der Ausschuß hat alle Vollmachten und übt alle Befugnisse aus, die ihm der gegenwärtige Vertrag zuweist.
  Allgemein stehen dem Ausschuß hinsichtlich der Frage der Wiedergutmachung im Sinne dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags die weitestgehenden Überwachungs- und Ausführungsbefugnisse sowie die Ermächtigung zur Auslegung der Bestimmungen dieses Teiles zu. Der Ausschuß bildet im Rahmen der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags die alleinige Vertretung der Gesamtheit der in §§ 2 und 3 genannten alliierten und assoziierten Regierungen, und zwar einer jeden, soweit sie beteiligt ist, zur Empfangnahme, zum Verkauf, zur Verwahrung und zur Verteilung der von Deutschland gemäß den Bestimmungen dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags für Wiedergutmachung zu leistenden Zahlungen. Es gelten für ihn folgende Gesichtspunkte und Bestimmungen:
    a) Soweit Deutschland einen Teil des Gesamtbetrags der festgesetzten Forderungen nicht in Gold, Schiffen, Wertpapieren, Waren oder sonstwie berichtigt, hat es als Sicherheit Deckung durch Hingabe eines entsprechenden Betrags von Anweisungen, Schuldverschreibungen oder anderen Papieren als Anerkennung der rückständigen Teilschuld zu leisten; die näheren Bedingungen bestimmt der Ausschuß.
    b) In regelmäßiger Wiederkehr schätzt der Ausschuß die Zahlungsfähigkeit Deutschlands ab und prüft das deutsche Steuersystem und zwar: 1. Damit alle Einkünfte Deutschlands, einschließlich der für den Zinsendienst und die Tilgung aller inneren Anleihen bestimmten, vorzugsweise zur Abtragung der Wiedergutmachungsschuld verwendet werden; 2. um die Gewißheit zu erlangen, daß das deutsche Steuersystem im allgemeinen im Verhältnis vollkommen ebenso schwer ist, als dasjenige irgendeiner der im Ausschuß vertretenen Mächte.
    c) Um die alsbaldige Wiederaufrichtung des wirtschaftlichen Lebens der alliierten und assoziierten Länder zu erleichtern und durchzuführen, erhält der Ausschuß, wie es im Artikel 235 vorgesehen ist, von Deutschland als Sicherstellung und Anerkenntnis seiner Schuld eine erste Anzahlung in Anweisungen auf den Inhaber in Gold, frei von Steuern und Abgaben jeder Art, die von der Reichsregierung , den Landesregierungen oder den ihnen nachgeordneten Behörden eingeführt sind oder eingeführt werden; diese Anweisungen sind nach Maßgabe nachstehender Bestimmungen als Anzahlung in drei Raten zu überweisen (die Mark Gold zahlbar gemäß Artikel 262 Teil IX "Finanzielle Bestimmungen" des gegenwärtigen Vertrags):
      1. Sofort sind auszugeben zwanzig Milliarden Mark Gold in Anweisungen auf den Inhaber, zahlbar ohne Zinsen bis spätestens 1. Mai 1921; die Tilgung dieser Anweisungen erfolgt besonders aus den Zahlungen, zu deren Leistung sich Deutschland gemäß Artikel 235 verpflichtet hat, nach Abzug der zum Ersatz der Unterhaltskosten der Besetzungstruppen und zur Begleichung der Ausgaben für Deutschlands Lebensmittel- und Rohstoffversorgung bestimmten Summen; diejenigen Anweisungen, die bis zum 1. Mai 1921 nicht eingelöst sind alsdann in solche der nachstehend (§ 12,c,2) genannten Art umzutauschen.
      2. Sofort auszugeben sind ferner vierzig Milliarden Mark Gold in Anweisungen auf den Inhaber mit zweieinhalb v. H. Zinsen für die Jahre 1921 bis 1926 und fünf v. H. Zinsen für die Zeit nach 1926. Zu den letzteren tritt ein weiterer Aufschlag von ein v. H. vom Gesamtbetrag der Anleihe zur Tilgung, beginnend mit dem Jahre 1926.
      3. Sofort auszuhändigen ist ferner zur Deckung eine schriftliche Verpflichtung, zwecks weiterer Zahlung vierzig Milliarden Mark Gold in Anweisungen auf den Inhaber mit fünf v. H. Zinsen auszugeben. Diese Ausgabe erfolgt nur, wenn der Ausschuß die Überzeugung gewinnt, daß Deutschland die Zinsen und Tilgungsraten der genannten Anweisungen aufbringen kann; Zeit und Art der Zahlung für Kapital und zinsen wird vom Ausschuß bestimmt.
        Die Fälligkeitstage der Zinsen, die Verwendung der Tilgungssummen sowie alle ähnlichen Fragen, die sich auf die Ausgabe, die Verwaltung und die Ordnung der Ausgabe der Anweisungen beziehen, werden durch den Ausschuß, und zwar von Zeit zu Zeit geregelt.
        Neue Ausgaben können als Anerkenntnis und Sicherstellung unter den Bedingungen, die der Ausschuß späterhin von Zeit zu Zeit festsetzt, gefordert werden.
      d) Im Falle, daß die von Deutschland als Sicherstellung oder Anerkenntnis seiner Wiedergutmachungsschuld ausgegebenen Anweisungen, Schuldverschreibungen oder anderen Schuldanerkenntnisse anderen Personen als den verschiedenen Regierungen, zu deren Gunsten der Betrag der Wiedergutmachungsschuld Deutschlands ursprünglich festgesetzt worden war, endgültig und nicht nur als Sicherheit übertragen werden, gilt die genannte Schuld den alliierten Regierungen gegenüber als erloschen, und zwar in der Höhe des Nennwerts der Anweisungen, die endgültig auf diese Weise übertragen worden sind; Deutschlands Verpflichtung aus diesen Anweisungen beschränkt sich auf die Verbindlichkeit [engl. Text: "gegenüber dem Inhaber"], die in ihnen zum Ausdruck kommt.
      e) Die Kosten, die durch die Wiederherstellung und den Wiederaufbau der Anwesen einschließlich ihrer Wiederausstattung mit Hausrat, Maschinen und allem Gerät in den mit Krieg überzogenen und verwüsteten Gegenden entstehen, werden mit dem Preis berechnet, den die Wiederherstellung und der Wiederaufbau zur Zeit der Ausführung der Arbeiten erfordert.
      f) Entscheidungen des Ausschusses, betreffend einen völligen oder teilweisen Ersatz des Kapitals oder der Zinsen jeder festgestellten Schuld Deutschlands, müssen mit Gründen versehen sein.

§ 13.

Hinsichtlich der Abstimmung gelten für den Ausschuß folgende Regeln:
  Faßt der Ausschuß einen Beschluß, so werden die Stimmen aller stimmberechtigten Delegierten oder in ihrer Abwesenheit die ihrer Hilfsdelegierten, zu Protokoll genommen. Stimmenthaltung gilt als Ablehnung des zur Erörterung stehenden Vorschlags. Die Beisitzer haben kein Stimmrecht. Bei folgenden Fragen ist Einstimmigkeit notwendig:
    a) Fragen, die die Souveränität eines der alliierten und assoziierten Staaten oder die den völligen oder teilweisen Ersatz der Schuld oder der Verpflichtungen Deutschlands betreffen;
    b) Fragen über den Betrag und die Bedingungen der Anweisungen oder Schuldverschreibungen der deutschen Regierung und über die Festsetzung des Zeitpunktes und der Art und Weise ihres Verkaufs, ihrer Begebung oder Verteilung;
    c) jeder völlige oder teilweise Aufschub der zwischen dem 1. Mai 1921 und Ende 1926 einschließlich fällig werdenden Zahlungen über das Jahr 1930 hinaus;
    d) jeder völlige oder teilweise Aufschub der nach 1926 fällig werdenden Zahlungen für eine Dauer von mehr als drei Jahren;
    e) Fragen der Verwendung einer bestimmten Berechnungsart bei der Schadensabschätzung in einem Einzelfall, wenn diese Berechnungsart von der in einem früheren, gleichliegenden Fall befolgten abweicht;
    f) Fragen der Auslegung der Bestimmungen dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags.
  Alle anderen Fragen werden mit Stimmenmehrheit entschieden.
  Ergibt sich unter den Delegierten eine Meinungsverschiedenheit über die Frage, ob eine bestimmte Angelegenheit zu denen gehöre, deren Entscheidung Einstimmigkeit erfordert, und kann diese Meinungsverschiedenheit nicht durch Angehen der Regierungen beigelegt werden, so verpflichten sich die alliierten und assoziierten Regierungen, die Meinungsverschiedenheit unverzüglich dem Schiedsspruch einer unparteiischen Persönlichkeit zu unterbreiten, über deren Wahl sie sich einigen werden und deren Entscheidung sie sich anzunehmen verpflichten.

§ 14.

  Beschlüsse des Ausschusses im Rahmen der ihm übertragenen Befugnisse sind sofort vollstreckbar und ohne weitere Förmlichkeit alsbald anwendbar.

§ 15.

Der Ausschuß übersendet in einer von ihm festzusetzenden Form jeder beteiligten Macht:
    1. eine Bescheinigung darüber, daß er für Rechnung der genannten Macht Anweisungen der oben erwähnten Ausgaben bereit hält; die genannte Bescheinigung kann auf Antrag der betreffenden Macht in Abschnitte zerlegt werden, jedoch nicht in mehr als fünf;
    2. von Zeit zu Zeit Bescheinigungen darüber, daß er für Rechnung der genannten Macht sonstige Güter bereit hält, die von Deutschland auf seine Wiedergutmachungsschuld in Zahlung gegeben sind.
      Diese Bescheinigungen lauten auf den Namen [engl. Text: "werden in ein Verzeichnis aufgenommen"] und können nach Benachrichtigung des Ausschusses durch Indossament übertragen werden.
      Werden Anweisungen zwecks Verkauf oder Begebung ausgegeben oder Güter von dem Ausschuß geliefert, so sind Bescheinigungen in entsprechendem Betrage einzuziehen.

§ 16.

  Vom 1. Mai 1921 ab werden der deutschen Regierung auf ihre Schuld in der von dem Ausschuß festgestellten Höhe Zinsen belastet, und zwar nach Abzug der Summen, die durch Zahlung in bar oder entsprechenden Werten oder in Anweisungen zugunsten des Ausschusses oder gemäß Artikel 243 geleistet worden sind. Der Zinsfuß beträgt fünf v. H., sofern nicht der Ausschuß in der Folge zu der Ansicht gelangt, daß die Umstände eine Änderung des Zinsfußes rechtfertigen.
  Wenn der Ausschuß zum 1. Mai 1921 den Gesamtbetrag der deutschen Schuld festsetzt, kann er Zinsen für die wegen Sachschäden geschuldeten Summen vom 11. November 1918 bis 1. Mai 1921 in Rechnung stellen.

§ 17.

  Kommt Deutschland irgendeiner seiner Verpflichtungen aus diesem Teile des gegenwärtigen Vertrags nicht nach, so zeigt der Ausschuß dieses Nichterfüllung unverzüglich jeder der beteiligten Mächte an und teilt ihr gleichzeitig seine Vorschläge über die im Hinblick auf diese Nichterfüllung angebracht erscheinenden Maßnahmen mit.

§ 18.

  Die Maßnahmen, zu denen die alliierten und assoziierten Regierungen, falls Deutschland vorsätzlich seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, berechtigt sind und die Deutschland sich verpflichtet, nicht als feindselige Handlungen zu betrachten, können in wirtschaftlichen und finanziellen Sperr- und Vergeltungsmaßregeln, überhaupt in solchen Maßnahmen bestehen, welche die genannten Regierungen als durch die Umstände geboten erachten.

§ 19.

  Zahlungen, die als Anzahlung auf festgestellte Schadenersatzansprüche der alliierten und assoziierten Mächte in Gold oder entsprechenden Werten zu leisten sind, können vom dem Ausschuß jederzeit in Form von beweglichen und unbeweglichen Gütern, Waren, Unternehmungen, Rechten und Konzessionen auf deutschem und nichtdeutschem Gebiet, von Schiffen, Schuldverschreibungen, Aktien, Wertpapieren jeder Art und deutschen und nichtdeutschen Geldsorten angenommen werden; ihr Wert als Ersatz für Goldzahlung wird von dem Ausschuß nach einem gerechten und billigen Satze festgesetzt.

§ 20.

  Wenn der Ausschuß Zahlungen durch Ausantwortung von Gütern oder Übertragung von bestimmten Rechten festsetzt oder annimmt, so hat er dabei die wohlbegründeten Rechte und Interessen der alliierten und assoziierten Mächte und ihrer Staatsangehörigen daran zu berücksichtigen.

§ 21.

  Kein Mitglied des Ausschusses kann für eine Handlung oder Unterlassung im Rahmen seiner Amtspflichten zur Verantwortung gezogen werden, es sei denn von der Regierung, die es ernannt hat. Keine der alliierten und assoziierten Regierungen haftet für irgendeine andere Regierung.

§ 22.

  Vorbehaltlich der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags kann diese Anlage durch einstimmigen Beschluß der im Ausschuß vertretenen Regierungen [engl. Text: "Der im Ausschuß auch nur zeitweise vertretenen Regierungen"] abgeändert werden.

§ 23.

  Der Ausschuß wird aufgelöst, wenn Deutschland und seine Verbündeten alle Summen, die von ihnen auf Grund des gegenwärtigen Vertrags oder der Beschlüsse des Ausschusses geschuldet werden, getilgt haben und wenn alle empfangenen Summen oder der entsprechende Wert unter die beteiligten Mächte verteilt sind.

 

Anlage III.

§ 1.

  Deutschland erkennt das Recht der alliierten und assoziierten Mächte auf Ersatz aller durch Kriegsereignisse verlorenen oder beschädigten Handelsschiffe und Fischerei, Tonne für Tonne (Bruttovermessung) und Klasse für Klasse an.
  Indes soll das vorstehend anerkannte Recht auf die deutschen Schiffe und Boote unter folgenden Bedingungen ausgeübt werden, obwohl der heute vorhandene Tonnengehalt der deutschen Schiffe und Boote hinter dem von den alliierten und assoziierten Mächten infolge des deutschen Angriffs verlorenen Tonnengehalt erheblich zurückbleibt:
  Die deutsche Regierung überträgt in ihrem Namen und mit verbindlicher Wirkung für und gegen alle anderen Beteiligten den alliierten und assoziierten Regierungen das Eigentum an allen den Reichsangehörigen gehörenden Handelsschiffen von 1600 Bruttotonnen und darüber, ferner die Hälfte des Tonnengehalts der Schiffe, deren Bruttotonnengehalt zwischen 1000 und 1600 Tonnen beträgt, und je ein Viertel des Tonnengehalts sowohl der Fischdampfer wie der anderen Fischereifahrzeuge.

§ 2.

Die deutsche Regierung hat binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags alle im § 1 bezeichneten Schiffe und Boote dem Wiedergutmachungsausschuß auszuliefern.

§ 3.

Zu den im § 1 bezeichneten Schiffen und Booten gehören alle diejenigen,
    a) welche die deutsche Handelsflagge führen oder führen dürfen,
    b) welche einem deutschen Reichsangehörigen, einer deutschen Gesellschaft oder Vereinigung oder einer in Abhängigkeit oder unter Leitung von deutschen Reichsangehörigen stehenden Gesellschaft oder Vereinigung eines anderen Landes als der alliierten und assoziierten Länder gehören,
    c) welche zur Zeit im Bau sind, und zwar
       1. in Deutschland,
       2. für Rechnung eines deutschen Reichsangehörigen, einer deutschen Gesellschaft oder Vereinigung in anderen als den alliierten und assoziierten Ländern.

§ 4.

Zwecks Beschaffung von Eigentumstiteln für jedes solchermaßen auszuliefernde Schiff hat die deutsche Regierung
    a) für jedes Schiff dem Wiedergutmachungsausschuß auf Verlangen eine Verkaufsurkunde oder irgendeinen sonstigen Eigentumstitel zu übermitteln, der den Übergang des vollen Eigentums frei von allen Vorrechten, Pfandrechten und sonstigen Lasten an dem Schiff auf den genannten Ausschuß ergibt,
    b) alle von dem Wiedergutmachungsausschuß angegebenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Ausantwortung dieser Schiffe an den Ausschuß zu ergreifen.

§ 5.

  Zur Ergänzung der teilweisen Wiedergutmachung verpflichtet sich Deutschland, auf den deutschen Werften für Rechnung der alliierten und assoziierten Regierungen wie folgt Handelsschiffe bauen zu lassen:
    a) Binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags gibt der Wiedergutmachungsausschuß der deutschen Regierung die Höhe des Tonnengehalts bekannt, der in jedem der beiden folgenden Jahren auf den Werften in Bau zu geben ist; mit Ablauf der erwähnten drei Monate beginnt die Frist der zwei Jahre zu laufen.
    b) Binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags gibt der Wiedergutmachungsausschuß der deutschen Regierung die Höhe des Tonnegehalts bekannt, die auf den Werften in jedem der drei Jahre in Bau zu geben ist, die der vorstehend erwähnten zweijährigen Frist folgen.
    c) Die Höhe des in Bau zu gebenden Tonnegehalts darf zweihunderttausend Bruttotonnen für das Jahr nicht übersteigen.
    d) Die genauere Bezeichnung der zu bauenden Schiffe, die Bau- und Lieferungsbedingungen, der vom Wiedergutmachungsausschuß in Rechnung zu stellende Preis für die Tonne und alle anderen auf die Bestellung, den Bau, die Lieferung der Schiffe sowie ihre Anrechnung bezüglichen Fragen werden von dem genannten Ausschuß geregelt.

§ 6.

  Deutschland sagt zu, binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags unter Beobachtung eines vom Wiedergutmachungsausschuß vorgeschriebenen Verfahrens den alliierten und assoziierten Mächten alle noch feststellbaren Flußschiffe und anderen Fahrzeuge der Flußschiffahrt, die seit dem 1. August 1914 aus irgendeinem Grunde in seinen oder seiner Reichsangehörigen Besitz gelangt sind, in Natur, und zwar in einem normalen Zustande zurückzugeben.
  Zum Ausgleich für die Verluste an Flußschiffahrtstonnengehalt, welche die alliierten und assoziierten Mächten aus irgendeinem Grunde während des Krieges erlitten haben und die durch oben vorgeschriebene Rückgabe nicht ersetzt werden können, verpflichtet sich Deutschland, dem Wiedergutmachungsausschuß  einen Teil seines Flußschiffahrtsparks, und zwar bis zu einer Höhe dieser Verluste abzutreten, höchstens jedoch zwanzig v. H. des gesamten Parks nach seinem Bestande vom 11. November 1918.
  Die Einzelheiten dieser Abtretung werden durch die im Artikel 339, Teil XII (Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen) des gegenwärtigen Vertrags bezeichneten Schiedsrichter geregelt, die damit betraut sind, die Schwierigkeiten aus der Verteilung des Flußschiffahrtstonnengehalts infolge der internationalen Neuordnung gewisser Flußgebiete oder infolge der Gebietsveränderungen in diesen Flußgebieten zu schlichten.

§ 7.

  Deutschland verpflichtet sich zur Ergreifung aller Maßregeln, die ihm von dem Wiedergutmachungsausschuß zu dem Zwecke angegebene werden, volles Eigentumsrecht an allen den Schiffen zu erhalten, die ohne Zustimmung der alliierten und assoziierten Regierungen während des Krieges unter neutrale Flagge gestellt worden sind oder deren Stellung unter neutrale Flagge in die Wege geleitet ist.

§ 8.

  Deutschland verzichtet auf jeden Anspruch, gleichviel welcher Art, gegen die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen aus der Zurückhaltung oder Benutzung irgend welcher deutschen Schiffe und Boote und aus allen Verlusten  oder Schäden, die diese Schiffe und Boote erlitten haben. Eine Ausnahme gilt für Zahlungen, die aus der Benutzung dieser Schiffe gemäß dem Waffenstillstandsprotokoll vom 13. Januar 1919 und den anschließenden Protokollen geschuldet werden.
  Entsprechend diesen Protokollen wird die Auslieferung der deutschen Handelsflotte ohne Unterbrechung fortgesetzt.

§ 9.

  Deutschland verzichtet auf alle Ansprüche auf Schiffe oder Ladungen, die durch feindliche Einwirkung zur See oder ihre Folgen zunächst versenkt und demnächst gerettet worden sind und an denen eine der alliierten und assoziierten Regierungen oder ihre Staatsangehörigen als Eigentümer, Charterer, Versicherer oder anderswie beteiligt sind, ohne Rücksicht auf alle auf Einziehung lautenden Urteile, die von einem Prisengericht Deutschlands oder seiner Bundesgenossen gefällt worden sind.

 

Anlage IV.

§ 1.

  Die alliierten und assoziierten Mächte fordern und Deutschland sagt zu, daß es in teilweiser Erfüllung seiner durch diesen Teil festgesetzten Verpflichtungen entsprechend den nachstehenden näheren Bestimmungen seine wirtschaftlichen Hilfsmittel unmittelbar der Wiederherstellung in Natur der mit Krieg überzogenen Gebietsteile der alliierten und assoziierten Mächte dienstbar macht, und zwar in dem von diesem Mächten zu bestimmenden Ausmaß.

§ 2.

  Die Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte behändigen dem Wiedergutmachungsausschuß Verzeichnisse, enthaltend:
    a) die Tiere, Maschinen, Montierungsteile, Maschinenspiele [engl. Text: "Werkzeuge" statt "Maschinenspiele"] und alle ähnlichen im Handel erhältlichen Gegenstände, die von Deutschland beschlagnahmt, verbraucht oder zerstört worden sind oder die unmittelbar durch militärische Maßnahmen zerstört worden sind und die die genannten Regierungen zur Befriedung unmittelbarer und dringender Bedürfnisse durch gleichartige Tiere oder Gegenstände ersetzt zu sehen wünschen, die auf deutschem Gebiete bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags vorhanden sind;
    b) die Stoffe zum Wiederaufbau (Steine, Backsteine, feuerfeste Steine, Dachziegel, Bauholz, Fensterglas, Stahl, Kalk, Zement usw.), Maschinen, Heizeinrichtungen, Möbel und alle im Handel erhältlichen Gegenstände, die die genannten Regierungen in Deutschland erzeugt und hergestellt und an sie zur Wiederherstellung der mit Krieg überzogenen Gebietsteile geliefert zu sehen wünschen.

§ 3.

Die Verzeichnisse der in § 2 a) oben erwähnten Gegenstände werden binnen sechzig Tagen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zugestellt.
  Die Verzeichnisse der oben in § 2 b) erwähnten Gegenstände werden spätestens am 31. Dezember 1919 zugestellt.
  Die Verzeichnisse enthalten alle in den Verträgen des Handels üblichen Einzelheiten über die betreffenden Gegenstände einschließlich genauer Beschreibung, Lieferfrist (höchstens vier Jahre) und Lieferungsort, aber weder Preise noch veranschlagten Wert, diese werden, wie weiter unten ausgeführt, vom Ausschuß festgesetzt.

§ 4.

  Unmittelbar nach Eingang der Verzeichnisse prüft der Ausschuß, inwieweit die Lieferung der in ihnen aufgeführten Stoffe und Tiere von Deutschland gefordert werden kann. Bei seiner Entscheidung trägt der Ausschuß den inneren Bedürfnissen Deutschlands soweit Rechnung, wie es zur Aufrechterhaltung des sozialen und wirtschaftlichen Lebens Deutschlands notwendig ist; er berücksichtigt ferner die Preise und die Zeiten, zu denen gleiche Gegenstände in den alliierten und assoziierten Ländern erhältlich sind und vergleicht sie mit denen, die für di deutschen Gegenstände gelten sollen; er berücksichtigt schließlich das allgemeine Interesse der alliierten und assoziierten Regierungen daran, daß das gewerbliche Leben Deutschlands nicht soweit zerrüttet wird, daß seine Fähigkeit, seinen anderen Wiedergutmachungsverpflichtungen zu genügen, in Frage gestellt wird.
  Jedoch dürfen von Deutschland Maschinen, Montierungsteile, Maschinenspiele [engl. Text: "Werkzeuge" statt "Maschinenspiele"] und ähnliche im Handel erhältliche Gegenstände, sofern sie augenblicklich in gewerbliche Betrieben verwendet werden, nur gefordert werden, wenn kein Vorrat von diesen Gegenständen verfügbar oder verkäuflich ist; zudem dürfen Forderungen dieser Art dreißig v. H. der Mengen jeden Gegenstandes nicht überschreiten, die in einem deutschen Unternehmen oder Betrieb verwendet werden.
  Der Ausschuß gibt den Vertretern der deutschen Regierung Gelegenheit, sich binnen bestimmter Frist darüber zu äußern, wieweit es ihr möglich ist, die genannten Stoffe, Tiere und Gegenstände zu liefern.
  Die Entscheidung des Ausschusses wird dann möglichst schnell der deutschen Regierung und den verschiedenen beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen bekanntgegeben.
  Die deutsche Regierung sagt zu, die in dieser Mitteilung näher bestimmten Materialien, Gegenstände und Tiere zu liefern, und die beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen sagen, jede für ihren Teil, zu, diese Lieferungen anzunehmen, sofern sie der gegebenen näheren Beschreibung entsprechen und nach Ansicht des Ausschusses zur Verwendung beim Wiederaufbau nicht ungeeignet sind.

§ 5.

  Der Ausschuß bestimmt den Wert der Materialien, Gegenstände und Tiere, die, wie oben bestimmt, geliefert werden, und die alliierten und assoziierten Regierungen, welche diese Lieferungen empfangen, sind damit einverstanden, daß sie mit derem Wert belastet werden und erkennen an, daß die entsprechende Summe als eine von Deutschland geleistet Zahlung gilt, die entsprechend Artikel 237 dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags zu verteilen ist.
  In den Fällen, wo das Recht ausgeübt wird, Wiederherstellung in Natur zu den oben festgesetzten Bedingungen zu fordern, hat sich der Ausschuß zu vergewissern, daß die Deutschland gutgeschriebene Summe den normalen Wert der von ihm geleisteten Arbeit oder der von ihm gelieferten Stoffe darstellt, und daß unter Berücksichtigung der teilweisen Wiedergutmachung der Schadensersatzanspruch der beteiligten Macht im Verhältnis des so gelieferten Beitrags zur Wiedergutmachung sich mindert.

§ 6.

Als unmittelbare Abschlagslieferung auf die in § 2a) obenerwähnten Tiere sagt Deutschland zu, binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags die nachstehenden Mengen an lebenden Tieren zu liefern, und zwar monatlich ein Drittel von jeder Art:

1. An die französische Regierung:
500  Zuchthengste von 3 bis 7 Jahren;
30 000  Stutfüllen und Stuten von 18 Monaten bis 7 Jahren von Ardenner, Boulonnaiser oder belgische Rasse;
2 000  Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren;
90 000  Milchkühe von 2 bis 6 Jahren;
1 000  Böcke;
100 000  Schafe;
10 000  Ziegen.

2. An die belgische Regierung:
200  Zuchthengste von 3 bis 7 Jahren, schwere belgische Rasse;
5 000  Stuten von 3 bis 7 Jahren, schwere belgische Rasse;
5 000  Stutfüllen von 18 Monaten bis 3 Jahren, schwere belgische Rasse;
2 000  Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren;
50 000  Milchkühe von 2 bis 6 Jahren;
40 000  Färsen;
200  Böcke;
20 000  Schafe;
15 000  Mutterschweine.

Die gelieferten Tiere müssen gesund und von normaler Beschaffenheit sein.
  Der Wert der so gelieferten Tiere wird, entsprechend den Bestimmungen des § 5 dieser Anlage, auf Deutschlands Wiedergutmachungsschuld angerechnet, es sei denn, daß von den Tieren festgestellt wird, daß sie zu den weggeführten oder beschlagnahmten gehören.

§ 7.

Ohne die Entscheidungen des Ausschusses, wie sie in § 4 dieser Anlage vorgesehen sind, abzuwarten, hat Deutschland die Lieferungen landwirtschaftlichen Geräts an Frankreich fortzusetzen, die im Artikel III des Vertrags vom 16. Januar 1919 über die Verlängerung des Waffenstillstands vorgesehen sind.

Anlage V.

§ 1.

  Deutschland sagt zu, auf jeweiliges Erfordern den nachstehend bezeichneten Signatarmächten des gegenwärtigen Vertrags die im folgenden näher bestimmten Mengen von Kohlen und Kohlennebenprodukten zu liefern.

§ 2.

  Deutschland liefert an Frankreich zehn Jahre Lang sieben Millionen Tonnen Kohlen jährlich. Außerdem liefert Deutschland jedes Jahr an Frankreich eine Kohlenmenge gleich dem Unterschied zwischen der Jahresförderung der durch den Krieg zerstörten Bergwerke des Nordens und des Pas-de-Calais vor dem Kriege und der Förderung der Bergwerke dieses Beckens in dem in Betracht kommenden Jahre [engl. Text: "in den in Betracht kommenden Jahren"]. Letztere Lieferung erfolgt zehn Jahre lang; ihre Höchstmenge beträgt indes nicht mehr als zwanzig Millionen Tonnen jährlich während der ersten fünf Jahre und acht Millionen Tonnen jährlich während der fünf folgenden Jahre.
  Als selbstverständlich wird hierbei vorausgesetzt, daß die Wiederinstandsetzung der Bergwerke des Nordens und des Pas-de-Calais mit allem Nachdruck betrieben wird.

§ 3.

Deutschland liefert an Belgien zehn Jahre lang acht Millionen Tonnen Kohlen jährlich.

§ 4.

Deutschland liefert an Italien nachstehende Höchstmengen an Kohle:

Juli 1919 bis Juni 1920:  4½ Millionen Tonnen
 "  1920   "    "   1921:  6       "            "
 "  1921   "    "   1922:  7½     "            "
 "  1922   "    "   1923:  8       "            "
 "  1923   "    "   1924:  8½     "            "

und in jedem der fünf folgenden Jahre 8½ Millionen Tonnen.
  Wenigstens zwei Drittel der Lieferungen müssen auf dem Landweg erfolgen.

§ 5.

  Deutschland liefert an Luxemburg, wenn der Wiedergutmachungsausschuß ein entsprechendes Verlangen stellt, eine jährliche Kohlenmenge gleich derjenigen, die Luxemburg vor dem Kriege an deutscher Kohle jährlich verbraucht hat.

§ 6.

   Die Preise, für die auf Grund des vorstehenden Bezugsrecht gelieferten Kohlenmengen sind folgende:
    a) L i e f e r u n g  m i t  d e r  B a h n  o d e r  z u  W a s s e r. Der preis stellt sich wie der deutsche Preis frei Grube, den die deutschen Reichsangehörigen zahlen, unter Hinzurechnung der Fracht bis zur französischen, belgischen, italienischen oder luxemburgischen Grenze; doch darf der Preis frei Grube den Preis frei Grube der britischen Ausfuhrkohlen nicht übersteigen. Falls es sich um belgische Bunkerkohle handelt, darf der Preis nicht höher sein als der für holländische Bunkerkohle.
      Die Tarife für die Beförderung mit der Eisenbahn oder auf dem Wasserwege dürfen nicht höher sein als die niedrigsten Tarife für gleichartige Beförderungen in Deutschland.
    b) L i e f e r u n g e n  a u f  d e m  S e e w e g e. Der Preis ist entweder der deutsche Ausfuhrpreis frei an Bord in den deutschen Häfen oder der englische Ausfuhrpreis frei an Bord in den englischen Häfen, und zwar immer der niedrigere von beiden.

§ 7.

  Die beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen können die Lieferung von Hüttenkoks an Stelle der Kohle verlangen, und zwar zum Satz von drei Tonnen Koks statt vier Tonnen Kohle.

§ 8.

  Deutschland sagt zu, folgende Erzeugnisse an Frankreich jährlich drei Jahre lang nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zu liefern und mit der Bahn oder zu Wasser an die französische Grenze zu befördern.

Benzol ............................... 35 000 t,
Steinkohlenteer ................... 50 000 t,
schwefelsaures Ammoniak ..... 30 000 t.

  An Stelle des Steinkohleteers treten nach Wahl der französischen Regierung ganz oder zum Teil entsprechende Mengen von Destillationserzeugnissen, wie leichte Öle, schwere Öle, Anthrazen, Naphthalin oder Teerpech.

§ 9.

Der Preis für den Koks und für die in § 8 genannten anderen Erzeugnisse ist derselbe, den die deutschen Reichsangehörigen zahlen. Die Berechnung der Verpackung und der Fracht bis zur französischen Grenze oder bis zu den deutschen Häfen erfolgt zu den vorteilhaftesten Bedingungen, die für gleiche Erzeugnisse deutschen Reichsangehörigen gewährt werden.

§ 10.

  Die Bezugsrechte auf Grund dieser Anlage werden durch Vermittlung des Wiedergutmachungsausschuß geltend gemacht. Der Ausschuß ist ermächtigt, zwecks Durchführung obiger Bestimmungen [engl. Text: "vorbehaltlich der vorliegenden besonderen Bestimmungen" statt "zwecks Durchführung obiger Bestimmungen"] über alle Fragen, betreffend das Verfahren sowie betreffend die Beschaffenheit und die Menge der Lieferungen, die Menge des an Stelle der Kohle zu liefernde Koks, die Fristen und die Art der Lieferung und Zahlung zu befinden. Die Anforderungen, welchen die zweckdienlichen Einzelangaben beizufügen sind, müssen Deutschland hundertzwanzig Tage vor dem Lieferungstermin bekanntgegeben werden, soweit es sich um Lieferungen  vom 1. Januar 1920 an handelt, und dreißig Tage bei Lieferung zwischen dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrags und dem 1. Januar 1920. Bis Deutschland die in diesem Paragraphen vorgesehenen Anforderungen erhalten hat, bleiben die Bestimmungen des Protokolls vom 25. Dezember 1918 (Ausführung des Artikels VI des Waffenstillstandsvertrags vom 11. November 1918) in Kraft. Die Anforderungen bezüglich der in den §§ 7 und 8 vorgesehenen Ersatzlieferungen sind der deutschen Regierung mit einer von dem Ausschuß für ausreichend erachteten Frist bekanntzugeben. Wenn der Ausschuß sich dahin schlüssig wird, daß die vollständige Erfüllung der Anforderungen die deutschen eigenen gewerblichen Bedürfnisse übermäßig beeinträchtigen würde, so kann er Fristen für die Anforderungen bewilligen oder sie völlig fallen lassen und auf diese Weise zugleich die Reihenfolge der Lieferungen bestimmen; doch hat die als Ersatz für Kohle aus zerstörten Bergwerken zu liefernde Kohle den Vorrang vor allen übrigen Lieferungen.

Anlage VI.

§ 1.

  Zum Zwecke teilweiser Wiedergutmachung räumt Deutschland dem Wiedergutmachungsausschuß  ein Bezugsrecht auf Farbstoffe und chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse ein. Menge und Art wird von dem Ausschuß bestimmt. Das Bezugsrecht reicht bis zu fünfzig v. H. der Gesamtmenge jeder einzelnen Art von Farbstoffen und chemisch-pharmazeutischen Erzeugnissen, die sich bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags in Deutschland befinden, oder über die Deutschland zu dieser Zeit verfügen kann.
  Das Bezugsrecht ist von dem Ausschuß binnen sechzig Tagen nach Empfang des ausführlichen Verzeichnisses der Vorräte auszuüben. Das Verzeichnis ist dem Ausschuß in der von ihm gewünschten Form zu liefern.

§ 2.

  Deutschland gewährt außerdem dem Wiedergutmachungsausschuß für die Zeit vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags bis zum 1. Januar 1920, sodann für jedes nachfolgende Halbjahr bis zum 1. Januar 1925 ein Bezugsrecht auf sämtliche Farbstoffe und sämtliche chemisch-pharmazeutischen Erzeugnisse bis zu fünfundzwanzig v. H. der deutschen Erzeugung im vorangegangenen Halbjahr, oder wenn nach Ansicht des Ausschusses die Erzeugung währen dieses Halbjahrs hinter der normalen zurückblieb, bis zu fünfundzwanzig v. H. der normalen Erzeugung.
  Dieses Bezugsrecht ist binnen vier Wochen nach Eingang einer Aufstellung über die Erzeugung des letzten Halbjahrs auszuüben; die Aufstellung ist von der deutschen Regierung beim Anlauf jeden Halbjahrs in der von dem Ausschuß vorgeschriebenen Form vorzulegen.

§ 3.

Der Preis der Farbstoffe und der chemisch-pharmazeutischen Erzeugnisse, die in Ausführung des § 1 geliefert werden, wird von dem Ausschuß auf Grund der Nettoausfuhrpreise vor dem Kriege und unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Veränderungen des Herstellungspreises festgestellt.
  Für die Farbstoffe und chemisch-pharmazeutischen Erzeugnisse, die in Ausführung des § 2 geliefert werden, wird der Preis von dem Ausschuß auf Grund der Nettoausfuhrpreise vor dem Kriege und unter Berücksichtigung der eingetretenen Veränderungen des Herstellungspreises oder auf Grund des niedrigsten, irgendeinem anderen Käufer bewilligten Verkaufspreises derselben Stoffe festgestellt.

§ 4.

  Alle Einzelheiten, insbesondere bezüglich der Art und des Zeitpunkts der Geltendmachung des Bezugsrechts und der Lieferung und auch alle Fragen, die bei der Ausführung der obigen Vorschriften hervortreten, werden von dem Wiedergutmachungsausschuß geregelt, dem die deutsche Regierung alle erforderlichen Auskünfte zu beschaffen und jede von ihm verlangte Unterstützung zu gewähren hat.

§ 5.

  Unter Farbstoffen und chemisch-pharmazeutischen Erzeugnissen im Sinne dieser Anlage sind sowohl alle Farbstoffe und alle synthetischen chemisch-pharmazeutischen Erzeugnisse als auch alle Zwischenerzeugnisse und andere zu verstehen, die in den entsprechenden Industrien verwendet und zum Verkauf hergestellt werden. Die vorstehenden Bestimmungen finden auch Anwendung auf Chinarinde und Chininsalze.

Anlage VII.

  Deutschland verzichtet im eigenen Namen und im Namen seiner Angehörigen zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle Rechte, Ansprüche oder Vorrechte jeder Art, die es auf nachstehend aufgeführte Kabel oder Teile von Kabeln besitzt:

    Emden-Vigo: Von der Straße von Calais bis auf die Höhe von Vigo;
    Emden-Brest: Von der Höhe von Cherbourg bis Brest;
    Emden-Teneriffa: Von der Höhe von Dünkirchen bis bis auf die Höhe von Teneriffa.
    Emden-Azoren (1): Von der Straße von Calais bis Fayal;
    Emden-Azoren (2): Von der Straße von Calais bis Fayal;
    Azoren-New York (1): Von Fayal bis New York;
    Azoren-New York (2): Von Fayal bis zur geographischen Länge von Halifax;
    Teneriffa-Monrovia: Von der Höhe von Teneriffa bis auf die Höhe von Monrovia;
    Monrovia-Lome:

Von dem Punkt,

{

Breite: 2° 30' N,
bestimmt durchLänge: 7° 40' W von Greenwich:
bis zu dem* Punkt,{Breite: 2° 20' N,
bestimmt durchLänge: 5° 30' W von Greenwich;
und von dem Punkt,{Breite: 3° 48' N,
bestimmt durchLänge: 0° 00':

bis Lome;

[* französischer Text anscheinend Druckfehler: "von dem"]

    Lome-Duala: Von Lome bis Duala;
    Monrovia-Pernambuco: Von der Höhe von Monrovia bis auf die Höhe von Pernambuco;
    Konstantinopel-Konstanza: Von Konstantinopel bis Konstanza;
    Yap-Schanghai, Yap-Guam und Yap-Menado (Celebes-Ineln): Von der Insel Yap bis Schanghai, von der Insel Yap nach der Insel Guam und von der Insel Yap bis Menado.
  Der Wert der vorstehend erwähnten Kabel oder Kabelteile wird, soweit sie Privateigentum sind, auf Grund der ursprünglichen Anlagekosten mit einer angemessenen Abschreibung für Abnutzung berechnet und Deutschland auf die Wiedergutmachungsschuld gutgeschrieben.

 

Abschnitt II.
Besondere Bestimmungen.

Artikel 245.

  Binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags hat die deutsche Regierung der französischen Regierung gemäß einem von dieser ihr zuzustellen Verzeichnis die Trophäen, Archive, geschichtlichen Erinnerungen und Kunstwerke zurückzugeben, die von den deutschen Behörden im Laufe des Krieges 1870/71 und des letzten Krieges aus Franreich weggeführt sind, insbesondere die im Kriege 1870/71 erbeuteten Fahnen und alle politischen Schriftstücke, die am 10. Oktober 1870 von den deutschen Behörden auf Schloß Cerçay bei Brunoy (Seine-et-Oise) weggenommen sind, das damals dem früheren Staatsminister Herrn Rouher gehörte.

Artikel 246.

  Binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags hat Deutschland Seiner Majestät dem König des Hedschas den Originalkoran zurückzugeben, der dem Kalifen Osman gehört hat und von den türkischen Behörden aus Medina entfernt worden ist, um dem vormaligen Kaiser Wilhelm II. als Geschenk überreicht zu werden.
  Binnen der gleichen Frist ist der Schädel des Sultans Makaua, der aus dem deutschen Schutzgebiet Ostafrika entfernt und nach Deutschland gebracht worden ist, von Deutschland der Regierung Seiner Britischen Majestät zu übergeben.
  Ort und Bedingungen der Rückgabe werden von den Regierungen bestimmt, an die dieses Gegenstände zurückzuerstatten sind.

Artikel 247.

  Deutschland verpflichtet sich, an die Hochschule zu Löwen binnen drei Monaten nach Empfang der ihm durch Vermittlung des Wiedergutmachungsausschusses zugehenden Aufforderung Handschriften, Wiegendrucke, gedruckte Bücher, Karten und Sammlungsgegenstände zu liefern, die der Zahl und dem Werte nach den Gegenständen entsprechen, die bei dem von Deutschland verursachten Brande der Bücherei von Löwen vernichtet worden sind. Alle Einzelheiten dieser Erstattung werden von dem Wiedergutmachungsausschuß bestimmt.
  Deutschland verpflichtet sich, durch die Vermittlung des Wiedergutmachungsausschusses binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags an Belgien, um ihm die Wiederherstellung zweier großer Kunstwerke zu ermöglichen, abzuliefern:
  1. die Flügel des Triptychons der Brüder van Eyck "Die Anbetung des Lammes" ("Agneau mystique"), früher in der Kirche Sankt Bavo in Gent, jetzt im Berliner Museum;
  2. die Flügel des Triptychons von Dierk Bouts, "Das Abendmahl", früher in der Kirche Sankt Peter in Löwen, von denen sich jetzt zwei im Berliner Museum und zwei in der Alten Pinakothek in München befinden.

[...]


Quelle: Reichsgesetzblatt 1919, S. 701-747.

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Datum der letzten Änderung : Jena, den : 04.12.2012