IPsec

IPsec im TCP/IP-Protokollstapel:
Anwendung HTTP IMAP SMTP DNS
Transport TCP UDP
Internet IPsec
Netzzugang Ethernet Token
Bus
Token
Ring
FDDI

Internet Protocol Security (IPsec) ist eine Protokoll-Suite, die eine gesicherte Kommunikation über potentiell unsichere IP-Netze wie das Internet ermöglichen soll.

IPsec arbeitet direkt auf der Vermittlungsschicht ("Internet Layer", entspricht OSI Layer 3) des DoD Models und ist eine Weiterentwicklung der IP-Protokolle. Das Ziel ist es, eine verschlüsselungsbasierte Sicherheit auf Netzwerkebene bereitzustellen. IPsec bietet durch die verbindungslose Integrität sowie die Zugangskontrolle und Authentifikation der Daten diese Möglichkeit an. Zudem wird durch IPsec die Vertraulichkeit sowie Authentizität der Paketreihenfolge durch Verschlüsselung gewährleistet.

Da im Internet die Datenpakete von einem Rechner zum nächsten weitergeleitet werden, kann jeder Rechner auf dem Weg eines Datenpakets dessen Inhalt lesen und sogar verändern. Ein Rechner kann auch Datenpakete im Namen eines anderen Rechners versenden, indem er dessen Adresse als „Absender“ einträgt (IP-Spoofing). IPsec soll es ermöglichen, in einem solchen IP-Netz die Schutzziele Vertraulichkeit, Authentizität und Integrität zu erfüllen. Dazu werden verschiedene Mechanismen eingesetzt, etwa Verschlüsselung einzelner IP-Pakete und Einfügen eines zusätzlichen Paket-Headers mit einem Message Authentication Code. IPsec kann zum Aufbau virtueller privater Netzwerke (VPN) verwendet werden oder zum Schutz vor Replay-Angriffen eingesetzt werden.

Die Internet Engineering Task Force schlägt in Extern RFC 2401 bzw. im neueren Extern RFC 4301 die Architektur von IPsec als Standard vor. Von diesen RFCs aus wird auf die unten genannten RFCs verwiesen, die wesentliche Teile von IPsec beschreiben: die Protokolle Authentication Header (AH), Encapsulated Security Payload (ESP) sowie Internet Key Exchange (IKE) zum Austausch der Schlüssel.

Verbindungsaufbau

SPD und SAD

IPsec verwaltet Verbindungen und kann auf Anforderung hin sowohl Verschlüsselung als auch Datenintegrität garantieren. Dazu verwendet es einen von zwei Modi: Der Transportmodus stellt Punkt-zu-Punkt-Kommunikation zwischen zwei Endpunkten her, während der Tunnelmodus zwei Netze über zwei Router verbindet. Beide Modi sind in Bezug auf die zu erstellenden Security Associations recht ähnlich. Die folgende Darstellung betrachtet nur den Transportmodus.

Wenn ein IP-Paket versendet werden soll, dann werden zwei lokale Datenbanken verwendet:

SPD (security policy database)
In der SPD ist beispielsweise hinterlegt, wie die Verbindung zwischen den Kommunikationsendpunkten, die durch ihre IP-Adressen identifiziert sind, gesichert werden soll. Als Sicherungsverfahren werden dann AH, ESP oder beide eingesetzt. Zum Erstellen der Schlüssel wird meist IKE verwendet. Die SPD ist im Vergleich zur SAD (s.u.) eher von statischer Natur, da ein Eintrag in der SPD „zustandslos“ ist.
SAD (security association database)
SAs zwischen zwei Hosts
In der SAD werden Security Associations (SA) verwaltet. Diese besitzen einen Zustand (engl. stateful) und ändern sich im Vergleich zu Einträgen in der SPD recht oft. SA-Einträge enthalten u.a. die Schlüssel für das verwendete Protokoll, und sie haben eine begrenzte Gültigkeit. Für AH und ESP existieren jeweils eigene SA-Einträge in der SAD. Eine SA wird meist über das IKE-Protokoll angelegt und wird nur in eine Richtung verwendet: Beim Sender gibt sie das Verschlüsselungsverfahren und den Schlüssel vor, beim Empfänger das passende Entschlüsselungsverfahren. Das Entschlüsseln erfolgt bei der Verwendung von symmetrischer Verschlüsselung mit demselben Schlüssel, der zur Verschlüsselung verwendet wurde. Wenn zwei Hosts AH und ESP verwenden, dann sind je Host vier SA-Einträge notwendig. Im Bild wird dies veranschaulicht.

Bei IPsec müssen alle Endpunkte vorkonfiguriert sein, da sonst keine Vertrauensbeziehung aufgebaut werden kann.

Damit zwei Endpunkte eine Vertrauensbeziehung aufbauen können, wird ein Verfahren zum Austausch der Schlüssel benötigt. Der Austausch kann manuell oder automatisch erfolgen.

Manuelle Schlüsselverwaltung

Die Schlüssel, die für IPsec verwendet werden, werden beim „Manual Keying“ vorab ausgetauscht und auf beiden Endpunkten fest konfiguriert.

Automatische Schlüsselverwaltung über IKEv1

Das Internet-Key-Exchange-Protokoll dient der automatischen Schlüsselverwaltung für IPsec. Es verwendet den Diffie-Hellman-Schlüsselaustausch für einen sicheren Austausch von Schlüsseln über ein unsicheres Rechnernetz und ist wohl der komplexeste Teil von IPsec. Internet Key Exchange war ursprünglich im Extern RFC 2409 spezifiziert und basierte auf dem Internet Security Association and Key Management Protocol (ISAKMP, Extern RFC 2408), der IPsec Domain of Interpretation (DOI, Extern RFC 2407), OAKLEY (Extern RFC 2412) und SKEME. Die RFCs 2407, 2408 und 2409 sind in der aktuellen Version IKEv2 im Extern RFC 4306 und im aktuellen Extern RFC 5996 zusammengefasst und damit obsolet.

IKE definiert, wie Sicherheitsparameter vereinbart und gemeinsame Schlüssel (shared keys) ausgetauscht werden. Was ausgetauscht wird, ist Aufgabe eines DOI-Dokuments.

Vor dem eigentlichen Start einer verschlüsselten Verbindung mit IPsec müssen sich beide Seiten gegenseitig authentisieren und sich auf die zu verwendenden Schlüssel-Algorithmen einigen. Hierfür ist IKE gedacht. Zur Authentisierung werden die Verfahren Pre Shared Keying (PSK) und Certificate eingesetzt. IPsec arbeitet mit verschiedenen symmetrischen wie asymmetrischen Schlüsseln.

IKE basiert auf UDP und nutzt standardmäßig den Port 500 als Quell- und Ziel-Port. Wird IKE und IPsec jedoch hinter einer Masquerading-Firewall betrieben, wird von den meisten IPsec-Implementierungen in diesem Fall UDP-Port 4500 verwendet. Um das Problem mit IPsec-Verbindungen hinter Masquerading-Firewalls zu lösen, wurden mehrere Vorschläge eingereicht. Keiner der Vorschläge wurde jedoch als Standard anerkannt, weshalb der Betrieb einer IPsec-Verbindung von einem Host über eine Firewall hinweg sehr unzuverlässig ist. Die beste Lösung ist eine Non-Masquerading-Firewall mit einer angeschlossenen Demilitarisierten Zone (DMZ). In der DMZ steht dann der Endpunkt der IPsec-Verbindung.

IKE arbeitet in zwei Phasen:

  1. Aushandlung einer SA (Security Association) für ISAKMP entweder über den Main Mode (Hauptmodus, bevorzugt) oder den Aggressive Mode (Aggressiver Modus)
  2. Erzeugung einer SA für IPsec im Quick Mode (Schnellmodus)

Eine Security Association (SA) ist eine Vereinbarung zwischen den beiden kommunizierenden Seiten und besteht aus den Punkten:

  1. Identifikation (entweder per PSK oder Zertifikat)
  2. Festlegung des zu verwendenden Schlüsselalgorithmus für die IPsec-Verbindung
  3. von welchem (IP-)Netz die IPsec-Verbindung erfolgt
  4. zu welchem (IP-)Netz die Verbindung bestehen soll
  5. Zeiträume, in denen eine erneute Authentisierung erforderlich ist
  6. Zeitraum, nach dem der IPsec-Schlüssel erneuert werden muss

Phase 1 (Main Mode-Variante)

Der Main Mode wird in der ersten Phase der Verschlüsselungsvereinbarung und Authentisierung (Internet Key Exchange) genutzt. Er sollte dem Aggressive Mode vorgezogen werden.

Im Main Mode handeln der Initiator (derjenige, der die Verbindung aufnehmen will) und der Antwortende (der Responder) miteinander eine ISAKMP-SA aus. Diese Verhandlung geschieht in folgenden Schritten:

  1. Der Initiator sendet einen oder mehrere Vorschläge (engl. Proposal) mit Authentisierungs- und Verschlüsselungsalgorithmen.
  2. Der Responder wählt aus der Schnittmenge der angebotenen und der von ihm unterstützten Algorithmen den sichersten aus und sendet das Auswahlergebnis an den Initiator.
  3. Der Initiator sendet seinen öffentlichen Teil vom Diffie-Hellman-Schlüsselaustausch und einen zufälligen Wert (die Nonce).
  4. Der Responder sendet ebenfalls seinen öffentlichen Teil vom Diffie-Hellman-Schlüsselaustausch und einen zufälligen Wert. Dieser Wert dient in Schritt 5 der Authentisierung.

Da nun beide (der Responder und der Initiator) die öffentlichen Teile für den Diffie-Hellman-Schlüsselaustausch kennen, wird dieses Verfahren genutzt, um den geheimen Schlüssel zu berechnen. Dieser wird dann für die Verschlüsselung nach dem vereinbarten Schlüsselverfahren für die folgenden Schritte verwendet. Der berechnete (Diffie-Hellman-)Schlüssel wird auch für die Erzeugung eines weiteren Schlüssels genutzt, der für die Authentifikation verwendet wird.

Schritt 5 ist die Authentisierung. Dabei müssen sich beide Beteiligten als zugriffsberechtigt ausweisen. Hierbei kommen zwei unterschiedliche Verfahren zum Einsatz:

  1. die Authentisierung mittels vereinbartem Geheimnis (im englischen Pre-Shared-Keys, PSK) oder
  2. zertifikatsbasiert.

Die zertifikatsbasierte Authentisierung verwendet X.509-Zertifikate und ist im Wesentlichen eine Public-Key-Infrastruktur, wie sie auch für SSL und S/MIME verwendet wird. PGP-Zertifikate sind ein anderer Ansatz und können hierfür nicht verwendet werden.

Die Authentisierungsmethoden unterscheiden sich zwar, jedoch ist die grundsätzliche Vorgehensweise immer die gleiche: Es wird immer ein Hashwert über das mit dem Diffie-Hellman-Schlüsselaustausch erzeugte Geheimnis, die Identität, die ausgehandelten Kryptoverfahren sowie die bisher versandten Nachrichten gebildet, verschlüsselt und versendet. (In der Literatur werden manchmal Cookies erwähnt: ein Hashwert über ein erzeugtes Geheimnis, IP-Adresse und Zeitmarke.) Der Schlüssel, der hier für die Verschlüsselung genutzt wird, ist jedoch nicht der aus dem Diffie-Hellman-Schlüsselaustausch, sondern ein Hashwert über diesen sowie die versandten Nachrichten.

PSK-Authentisierung (Pre Shared Keying):

Bei diesem Verfahren erfolgt die Authentisierung anhand eines einzigen gemeinsamen Geheimnisses. Es kann angewendet werden, wenn eine überschaubare Teilnehmermenge an das IPsec-VPN angeschlossen ist. Der wesentliche Nachteil ist: Erhält jemand unberechtigten Zugriff auf diesen Schlüssel, müssen auf allen beteiligten Hosts die Schlüssel ausgetauscht werden, um die Sicherheit wiederherzustellen. Soll ein Rechnernetz wachsen, ist dieses Verfahren auch dann abzulehnen, wenn zuerst nur wenige Knoten beteiligt sind. Der Mehraufwand für die zertifikatsbasierte Authentisierung amortisiert sich in der Regel bereits nach kurzer Zeit.

Zertifikatsbasierte Authentisierung:

Diese Authentisierung hat einen anderen Ansatz. Dabei werden X.509-Zertifikate verwendet. Dieses System basiert auf vertrauenswürdigen CAs (Certification Authorities, z.B. mit eTrust) oder einer Hierarchie aus diesen. Das Prinzip hierbei ist, dass jeder einzelne Endpunkt seine CAs (Vertrauensstellen) kennt und alle Zertifikate, die durch diese Vertrauensstellen signiert sind, als gültig anerkennt. In der Praxis bedeutet dies, dass alle Zertifikate von vertrauenswürdigen CAs eingespielt werden und somit alle von diesen CAs ausgestellten Zertifikate Zugriff haben. Zertifikate können von bekannten CAs bezogen werden (Verisign, eTrust uvm.). Damit kann gewährleistet werden, dass auch unbekannte VPN-Partner authentisiert werden können. Leider ist dies in der Praxis nicht so leicht, weil weitere Parameter (z.B. Rechnernetzadressen) eine Rolle spielen und diese mit bereits bestehenden VPN-Verbindungen kollidieren können. Es hat sich daher durchgesetzt, eine private PKI (Public Key Infrastructure) einzusetzen. Mit einer eigenen PKI sollen aber nur bekannte und vertrauenswürdige Hosts Zugriff auf das VPN haben.

Die zertifikatsbasierte Authentisierung erfolgt wie die PSK-Authentisierung, mit einem Unterschied: Je nach Verbindung kann ein anderes Zertifikat zum Einsatz kommen, und wer sein CA-Zertifikat nicht veröffentlicht, kann gezielt steuern, wer zugreifen darf.

Ein weiterer Vorteil einer zertifikatsbasierten Authentisierung: Die CA darf einzelne Zertifikate widerrufen. In der sogenannten CRL (Certificate Revocation List) werden alle Zertifikate, die irgendwie ungültig geworden sind, gesperrt. Bei einer PSK-Authentisierung ist dagegen der Austausch aller Schlüssel erforderlich.

Phase 1 (Aggressive Mode-Variante)

Im Aggressive Mode werden die obigen Schritte auf drei zusammengefasst. Hierbei fällt dann die Verschlüsselung des obigen fünften Schrittes weg. Stattdessen werden die Hashwerte der Pre-shared keys im Klartext übertragen. Die Sicherheit des Verfahrens ist eng an die Stärke des Pre-shared Keys und des verwendeten Hashverfahrens gekoppelt. Da in der Praxis starke Schlüssel oft aus Bequemlichkeit nicht verwendet werden, sollte man diesen Modus mit Vorsicht einsetzen.

Ein Grund für den Einsatz dieses Modus kann jedoch gegeben sein, wenn die Adresse des Initiators dem Responder nicht von vornherein bekannt ist, und beide Seiten Pre-shared Keys zur Authentifizierung einsetzen wollen.

Weitere Anwendungsszenarien sind gegeben, wenn ein schnellerer Verbindungsaufbau gewünscht ist und die Richtlinien (Policies) des Responders hinlänglich bekannt sind.

Beispiel: Ein Mitarbeiter will aus der Ferne auf das Firmennetz zugreifen. Die Richtlinien (z.B. Verschlüsselung mit AES, Hashing mit SHA und Authentisierung mit RSA Signaturen, die durch die Zertifizierungsstelle der Firma signiert wurden) sind bekannt.

Phase 2

In der zweiten Phase von IKE wird der Quick Mode verwendet (Schutz durch die IKE SA). Die gesamte Kommunikation in dieser Phase erfolgt verschlüsselt. Wie in der ersten Phase wird zunächst ein Vorschlag (Proposal) gemacht und zusammen mit einem Hashwert und dem Nonce übertragen. Später werden die Schlüssel neu berechnet, und es fließen keinerlei Informationen aus den zuvor generierten SAs ein. Dies stellt sicher, dass niemand von den zuvor generierten Schlüsseln auf die neuen schließen kann (Perfect Forward Secrecy). Dies wird erreicht, indem ein zusätzlicher Diffie-Hellman-Austausch stattfindet. Die Geheimnisse zur Schlüsselbildung werden verworfen, sobald der Austausch abgeschlossen ist.

Mehrere „Quick Modes“ können zur gleichen Zeit stattfinden und durch die gleiche IKE SA geschützt sein. Um die verschiedenen Wechsel unterscheiden zu können, wird das Message-ID-Feld des ISAKMP-Headers herangezogen. Der Status eines solchen Austausches wird durch die Cookies identifiziert.

Unterschied zwischen IKEv1 und IKEv2

Da IKEv1 recht komplex ist, wurden viele Implementationen von IPsec inkompatibel zueinander. Während IKEv1 noch in mehreren RFCs spezifiziert ist, wird IKEv2 komplett in Extern RFC 7296 beschrieben. Dieses bietet weniger Möglichkeiten für Missverständnisse und ist somit weniger fehleranfällig als die erste Version.

IKEv1 ist bei Verwendung von dynamischen IP-Adressen, wie sie bei DSL-Anschlüssen im Privatbereich üblich sind, wenig geeignet. IKEv2 behebt diese Probleme. Gleichwohl unterstützen die in Deutschland am weitesten verbreiteten DSL-Router des deutschen Herstellers AVM (Fritz-Box) bislang nur IKEv1 und nicht IKEv2 (Stand Juli 2020).

Bei IKEv2 wurden die von IKEv1 bekannten Phasen grundlegend verändert. Um einen Security Association (SA) zu erstellen, benötigt man statt neun nun nur noch vier UDP-Nachrichten. Dies ermöglicht einen schnelleren Verbindungsaufbau, was sich besonders bei Störungen positiv auswirken kann. Zusätzlich wird die Anzahl an möglichen Kombinationen für die Authentifizierung in Phase 1 von IKEv1 verringert. Statt acht Möglichkeiten wird nur noch eine Authentifizierung mittels Signaturen oder MACs erlaubt. Für effizientere Durchläufe wird ebenso bei IKEv2 bereits während Phase 1 ein Paar an SAs während des initialen IKE Austausches erstellt. Insbesondere wenn nur ein Paar benötigt wird, wird der Austausch beschleunigt.

Außerdem wird bei IKEv2 auf einen präventiven Cookie-Austausch verzichtet, da in den letzten Jahren nur vereinzelt Probleme mit Denial-of-Service-Attacken gegen VPN-Gateways auftraten.

Während bei IKEv1 die Verantwortlichkeiten bei Paketverlusten nicht geregelt waren, wurden unter IKEv2 die Zuständigkeiten der Peers klarer definiert. Dadurch konnte die Verbindungsstabilität verbessert werden. Zudem ist NAT-Traversal fester Bestandteil von IKEv2, wodurch auch Verbindungen über NAT-Router hinweg aufgebaut werden können.

Authentication Header (AH)

Der Authentication Header (AH) soll die Authentizität und Integrität der übertragenen Pakete sicherstellen und den Sender authentifizieren. Weiterhin schützt er gegen Replay-Angriffe. AH schützt die invarianten Teile eines IP-Datagramms; IP-Header-Felder, die auf dem Weg durch ein IP-Netz von Routern verändert werden können (z.B. TTL), werden nicht berücksichtigt. Werden auf dem Weg durch das Netz Router mit aktivierter Network Address Translation (NAT) passiert, so ändern diese die eigentlich invarianten Teile eines IP-Datagramms ab, folglich ist eine Authentisierung nicht mehr möglich – NAT und AH sind folglich designbedingt inkompatibel – lediglich eine Kombination von NAT und ESP (siehe Extern RFC 3948 – UDP Encapsulation of IPsec ESP Packets) ist möglich. Die Nutzdaten werden bei AH nicht verschlüsselt und sind damit für jeden lesbar. AH basiert direkt auf IP und verwendet die IP-Protokoll Nummer 51.

Ein AH-Paket sieht folgendermaßen aus:

Byte 0 Byte 1 Byte 2 Byte 3
Bit 0 1 2 3 4 5 6 7 Bit 0 1 2 3 4 5 6 7 Bit 0 1 2 3 4 5 6 7 Bit 0 1 2 3 4 5 6 7
Nächster Header Nutzdaten-Länge reserviert
Security Parameters Index (SPI)
Feld mit Sequenznummer

Authentizitätsdaten (variabel)

Bedeutung der Felder:

Nächster Header (next header)
identifiziert das Protokoll der im Paket übertragenen Daten. Enthält den Wert, der bei ungeschützten IP-Datagrammen im IP-Header angegeben wird, bei Verwendung von AH aber durch den Wert 51 (= AH) ersetzt worden ist.
Nutzdaten-Länge (payload length)
Größe des AH-Headers
reserviert (RESERVED)
reserviert für zukünftige Nutzung
Security Parameters Index (SPI)
identifiziert in Verbindung mit der IP-Adresse und dem Sicherheitsprotokoll die Security Association (SA)
Feld mit Sequenznummer (sequence number)
ansteigende Nummer, die vom Absender gesetzt wird, soll Schutz vor Replay-Angriff bieten
Authentizitätsdaten (authentication data)
enthält den Wert des Integritätstests (integrity check value, ICV), welcher sich aus einem Hash des übrigen Paketes ergibt

Schutz vor Replay-Angriffen

Zum Schutz vor Replay-Angriffen kann der Empfänger eines AH-Pakets sich nicht darauf verlassen, dass die Sequenznummer immer höher ist als beim vorangegangenen Paket. IP-Pakete können unterwegs auch vertauscht worden sein. Deshalb wird – ausgehend von der bisher höchsten empfangenen Sequenznummer – auch eine festgelegte Menge kleinerer Sequenznummern akzeptiert. Wird eine Sequenznummer innerhalb dieser Menge zum zweiten Mal empfangen, wird das entsprechende Paket verworfen. Das gilt ebenfalls für Pakete mit zu kleiner Sequenznummer (also unterhalb der festgelegten Menge kleinerer Sequenznummern).

Encapsulating Security Payload (ESP)

Encapsulating Security Payload (ESP) stellt Mechanismen zur Sicherstellung der Authentizität, Integrität und Vertraulichkeit der übertragenen IP-Pakete bereit. Im Unterschied zum AH wird der Kopf des IP-Paketes vom ICV (Integrity check value) nicht berücksichtigt, jedoch werden die Nutzdaten verschlüsselt übertragen. ESP basiert direkt auf IP und verwendet die Internet-Protokoll Nummer 50.

Ein ESP-Paket sieht folgendermaßen aus:

Byte 0 Byte 1 Byte 2 Byte 3
Bit 0 1 2 3 4 5 6 7 Bit 0 1 2 3 4 5 6 7 Bit 0 1 2 3 4 5 6 7 Bit 0 1 2 3 4 5 6 7
Security Parameters Index (SPI)
Sequenznummer

Nutzdaten * (variabel)

  Füllung (0–255 bytes)
    Länge Füllung Nächster Header

Authentizitätsdaten (variabel)

Bedeutung der Felder:

Security Parameters Index (SPI)
identifiziert in Verbindung mit der IP-Adresse und dem Sicherheitsprotokoll die Security Association (SA)
Sequenznummern (sequence number)
ansteigende Nummer, die vom Absender gesetzt wird, soll Schutz vor Replay-Angriff bieten
Nutzdaten (payload data)
enthält die Datenpakete
Füllung (padding)
wird für eingesetzte Blockchiffre genutzt, um Daten bis zur vollen Größe des Blocks aufzufüllen
Länge Füllung (pad length)
enthält Anzahl der eingefügten Bytes für Padding
Nächster Header (next header)
identifiziert das Protokoll der im Paket übertragenen Daten. Enthält den Wert, der bei ungeschützten IP-Datagrammen im IP-Header angegeben wird, bei Verwendung von ESP aber durch den Wert 50 (= ESP) ersetzt worden ist.
Authentizitätsdaten (authentication data)
enthält den Wert des Integritätstests (integrity check value, ICV).

Der Schutz vor Replay-Angriffen entspricht dem Mechanismus von AH.

Vergleich Transport- und Tunnelmodus

Vergleich zwischen Transport- und Tunnelmodus

Im Transportmodus verbindet IPsec zwei Endpunkte direkt miteinander (Punkt-zu-Punkt), zum Beispiel über eine auf den Endpunkten installierte Software.

Im Tunnelmodus hingegen werden zwei IP-Netze miteinander verbunden. Die Endpunkte werden hier von zwei Routern bzw. VPN-Gateways gebildet, zwischen denen der Tunnel aufgebaut wird.

IPsec im Transportmodus

IPsec-AH-Header im Transport- und Tunnelmodus
IPsec-ESP-Header im Transport- und Tunnelmodus

Im Transportmodus wird der IPsec-Header zwischen dem IP-Header und den Nutzdaten eingefügt. Der IP-Header bleibt unverändert und dient weiterhin zum Routing des Pakets vom Sender zum Empfänger. Der Transportmodus wird verwendet, wenn die „kryptographischen Endpunkte“ auch die „Kommunikations-Endpunkte“ sind. Nach dem Empfang des IPsec-Paketes werden die ursprünglichen Nutzdaten (TCP-/UDP-Pakete) ausgepackt und an die höher liegende Schicht weitergegeben. Der Transportmodus wird vor allem für Host-zu-Host- oder Host-zu-Router-Verbindungen verwendet, z.B. für die Netzwerkverwaltung.

IPsec im Tunnelmodus

Im Tunnelmodus wird das ursprüngliche Paket gekapselt und die Sicherheitsdienste von IPsec auf das gesamte Paket angewandt. Der neue (äußere) IP-Header dient dazu, die Tunnelenden (also die kryptografischen Endpunkte) zu adressieren, während die Adressen der eigentlichen Kommunikationsendpunkte im inneren IP-Header stehen. Der ursprüngliche (innere) IP-Header stellt für Router usw. auf dem Weg zwischen den Tunnelenden nur Nutzlast (Payload) dar und wird erst wieder verwendet, wenn das empfangende Security-Gateway (das Tunnelende auf der Empfangsseite) die IP-Kapselung entfernt hat und das Paket dem eigentlichen Empfänger zustellt.

Im Tunnelmodus sind Gateway-zu-Gateway- oder auch Peer-zu-Gateway-Verbindungen möglich. Da an jeweils einer Seite Tunnelende und Kommunikationsendpunkt auf demselben Rechner zusammenfallen können, sind auch im Tunnelmodus Peer-zu-Peer-Verbindungen möglich. Ein Vorteil des Tunnelmodus ist, dass bei der Gateway-zu-Gateway-Verbindung nur in die Gateways (Tunnelenden) IPsec implementiert und konfiguriert werden muss. Angreifer können dadurch nur die Tunnelendpunkte des IPsec-Tunnels feststellen, nicht aber den gesamten Weg der Verbindung.

Keepalives

Um sicherzustellen, dass die Verbindung zwischen den Endpunkten nicht zwischenzeitlich unterbrochen wurde, tauschen diese in regelmäßigen Abständen Keepalive-Nachrichten aus, die auch dazu dienen können, einen durch Verbindungsunterbrechung verlorenen Tunnel automatisch wieder aufzubauen.

Dead Peer Detection

Dead Peer Detection (DPD) wurde im Februar 2004 verabschiedet. Durch den Einsatz von DPD kann erkannt werden, ob eine IPsec-Verbindung (insbesondere der ISAKMP-Tunnel) unbeabsichtigt und unvorhergesehen abgebrochen wurde. Im Fehlerfall bauen die Gegenstellen die SAs (Security Associations) ab, um einen Neuaufbau des ISAKMP-Tunnels und der ESP-/AH-Tunnel zu ermöglichen. Ohne den Einsatz von DPD wird ein Endpunkt mit einem noch bestehenden Tunnel den Neuaufbau abwehren, da die SPIs (Security Payload Identifier) nicht mehr passen. Ein Neuaufbau der Tunnel ist ansonsten erst nach Ablauf der Re-Keying-Timer möglich.

DPD wird als Notify-Message im ISAKMP-Protokoll (UDP:500) übertragen (Message-Values: R-U-THERE – 36136/R-U-THERE-ACK – 36137). Die DPD-Funktion dagegen gewährleistet eine kontinuierliche Überprüfung der Verbindung zur Gegenstelle und leistet einen automatischen Wiederaufbau bei ungewolltem Verbindungsabbruch. Die Spezifikation ist festgelegt im Extern RFC 3706 und wird auch ISAKMP-Keepalive genannt.

UDP-Keepalive

Es verhindert den (bei NAT-Traversal) von NAT üblicherweise automatisch eingeleiteten Timeout bei längeren Zeitverzögerungen in der Dateneingabe. Die Spezifikation ist im Extern RFC 3519 festgelegt und wird auch NAT-Keepalive genannt.

Kritik an IPsec

Konzeptionelles

“IPsec was a great disappointment to us. Given the quality of the people that worked on it and the time that was spent on it, we expected a much better result.”

„IPsec war eine große Enttäuschung für uns. In Anbetracht der Qualifikation der Leute, die daran gearbeitet haben, und der Zeit, die dafür aufgebracht wurde, haben wir ein viel besseres Ergebnis erwartet.“

Niels Ferguson, Bruce Schneier: A Cryptographic Evaluation of IPsec

Die Kryptographen Niels Ferguson und Bruce Schneier evaluierten mehrfach das IPsec-Protokoll und fanden mehrere Kritikpunkte. Neben der Art, wie es entstand, wird vor allem die hohe Komplexität und damit Fehleranfälligkeit kritisiert. Allerdings stellten beide auch fest, dass IPsec das ursprüngliche IP zum Zeitpunkt ihrer Untersuchungen am besten absicherte.

Normen und Standards

IPsec entstand im Zuge der Entwicklung von IPv6 und ist in verschiedenen aktuellen RFCs spezifiziert.

Als Einstieg dienen nach Extern RFC 5406 (Guidelines for Specifying the Use of IPsec):

Weitere relevante RFC's:

Literatur

Trenner
Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
Seitenende
Seite zurück
© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 21.09. 2022