Renormierungsgruppe
Die Renormierungsgruppe (RG) beschreibt die Abhängigkeit bestimmter physikalischer Größen von der Längenskala. Ursprünglich ein Konzept der Quantenfeldtheorie, erstreckt sich sein Anwendungsbereich heutzutage auch auf die Festkörperphysik, Kontinuumsmechanik, Kosmologie und Nanotechnologie. Mit der RG im Zusammenhang stehen die Betafunktion und die Callan-Symanzik-Gleichungen.
Definition
Als Renormierungsgruppe bezeichnet man mehrere ähnliche aber im Detail verschiedene Rechenverfahren, die von einer Skaleninvarianz des beschriebenen Systems Gebrauch machen. Die untersuchten Systeme sind dabei alle stochastischer Natur. Bei Systemen aus der Quantenfeldtheorie beruht die stochastische Natur auf Quantenfluktuationen, bei Systemen aus der klassischen Physik auf thermischen Fluktuationen, Wahrscheinlichkeiten für Verunreinigungen, oder Übergangswahrscheinlichkeiten für irgendwelcher Reaktionen. Ein anschauliches (eher mathematisches) Beispiel ist die Perkolation. In aller Regel ist das Problem als Pfadintegral vorgegeben, und die interessierenden Messgrößen sind Korrelationsfunktionen oder davon abgeleitete Größen.
Die Idee einer Renormierungsgruppen-Rechnung ist, das ursprüngliche (nicht renormierte) System entsprechend einer genau definierten Vorschrift auf sogenannte renormierte Systeme abzubilden. Bei dieser Abbildung ist immer eine andere (i.d.R. variable) Längenskala im Spiel, indem explizit Skalierungen ausgeführt werden oder/und Vertexfunktionen bei gewissen Längenskalen berechnet werden.
Falls das renormierte System einfacher ist, indem es z.B. bei einer Änderung der Längenskala einen Fixpunkt erreicht oder die Kopplungskonstanten klein werden, hat man wegen der eindeutigen Abbildung (zumindest für gewisse Längenskalen) damit auch für das eigentlich interessierende Problem viel gewonnen. Dass der Formalismus auch eine anschauliche Interpretation im Sinne von skalenabhängigen Kopplungskonstanten hat, ist essentiell und instruktiv, für die Anwendung des Formalismus selber spielt das keine Rolle.
Die Bedeutung von Renormierungsgruppen-Rechnungen liegt darin, dass sie oft nach Schema anwendbar sind und Ergebnisse liefern, wo andere Methoden nicht weiterführen. Beispielsweise liefert naive (regularisierte) Störungsrechnung in der Quantenfeldtheorie und bei kritischen Phänomenen eine divergente Störungsreihe, während die Renormierungsgruppe implizit Störungsrechnungsbeiträge aufsummiert und die Skaleninvarianz korrekt zum Ausdruck bringt.
Einfachster Zugang: Kadanoffs Blockspin-Modell

Das Blockspin-Modell von Leo
Kadanoff (1966) liefert den didaktisch einfachsten Zugang zur RG. Dazu
betrachtet man ein zweidimensionales Gitter von Spin -Freiheitsgraden
(das kann aber auch ein Modell für Gitter von Atomen mit ganz anderen
Freiheitsgraden als Drehimpulsen sein) vom Typ des Isingmodells, das heißt, es
wechselwirken nur unmittelbar benachbarte Spins miteinander mit einer
Kopplungsstärke .
Das System werde durch eine Hamiltonfunktion
beschrieben und habe die mittlere Temperatur
.
Nun wird das Spin-Gitter in Blöcke von -
Quadraten aufgeteilt und es werden neue Blockvariable eingeführt, indem über die
Zustandswerte im Block gemittelt wird. Häufig hat die neue Hamiltonfunktion die
gleiche Struktur wie die alte, nur mit neuen Werten für
und
:
.
Dieser Vorgang wird nun wiederholt, das heißt man fasst wieder
der neuen Spin-Blockvariablen durch Mittelung zusammen (das wären dann jeweils 4
Spins oder 16 Spins aus dem Ausgangsmodell) usw. Das System wird also auf einer
ständig vergröbernden Skala betrachtet. Ändern sich dabei die Parameter unter
RG-Transformationen nicht mehr wesentlich, spricht man von einem Fixpunkt der
RG.
Im konkreten Fall des Isingmodells,
ursprünglich als Modell für magnetische
Systeme eingeführt (mit einer Wechselwirkung, die bei parallelen Spins einen
negativen Beitrag, ,
zur Energie
liefert, bei anti-parallelen Spins einen positiven Beitrag
),
wirkt die durch die Temperatur
gekennzeichnete Wärmebewegung den Ordnungsbestrebungen der Wechselwirkung
(durch
charakterisiert) entgegen. Hier (und häufig auch in ähnlichen Modellen) gibt es
drei Arten von Fixpunkten der RG:
(a)
und
.
Auf großen Skalen überwiegt die Ordnung, ferromagnetische
Phase.
(b)
und
.
Unordnung auf großen Skalen.
(c) Ein Punkt dazwischen mit
und
,
bei dem eine Skalenänderung die Physik des Systems nicht verändert
(Skaleninvarianz wie in fraktalen Strukturen), der Punkt ist ein Fixpunkt der
RG. An diesem sogenannten kritischen
Punkt findet ein Phasenübergang
zwischen den beiden Phasen (a), (b) statt. Im Fall des Ferromagnetismus wird er
Curie-Punkt
genannt.
Elemente der RG-Theorie
Allgemein sei das System durch eine Funktion
der Zustandsvariablen
mit den Wechselwirkung beschreibenden Kopplungskonstanten
beschrieben. Je nach Anwendungsbereich kann das eine Verteilungsfunktion
(statistische Mechanik), eine Wirkung,
eine Hamiltonfunktion
u.a. sein, sollte aber die Physik des Systems vollständig beschreiben.
Nun betrachten wir Block-Transformationen der Zustandsvariablen ,
wobei die Anzahl der
kleiner als die der
ist. Man versucht nun
allein als Funktion der neuen Zustandsvariablen
zu schreiben. Ist dies allein durch eine Änderung der Parameter der Theorie
möglich, spricht man von einer renormierbaren Theorie.
Die meisten grundlegenden Theorien der Elementarteilchenphysik, wie Quantenelektrodynamik, Quantenchromodynamik, die elektroschwache Wechselwirkung, sind renormierbar (die Gravitation allerdings nicht). Auch in der Festkörperphysik und Kontinuumsphysik sind viele Theorien (näherungsweise) renormierbar (z.B. Supraleitung, Theorie der Turbulenz von Flüssigkeiten).
Die Änderung der Parameter erfolgt durch eine sogenannte Betafunktion ,
die einen Fluss der RG (RG flow) im
-Raum
erzeugt. Die Veränderung von
unter diesem Fluss wird mit dem Begriff gleitende Kopplungskonstante (running
coupling constant) beschrieben. Man ist vor allem an den Fixpunkten des
RG-Flusses interessiert, die Phasenübergänge
zwischen den makroskopischen Phasen
des Systems beschreiben.
Da bei den RG-Transformationen ständig Information verlorengeht, haben sie im Allgemeinen keine Inverse und bilden somit eigentlich auch keine Gruppen im mathematischen Sinn (sondern nur Halbgruppen). Der Name Renormierungsgruppe hat sich trotzdem eingebürgert.
Relevante und irrelevante Operatoren, Universalitätsklassen
Man betrachte das Verhalten der Observablen
(in der Quantenmechanik durch Operatoren
gegeben) unter einer RG-Transformation:
- falls
bei Übergang zu größeren Skalen stets zunimmt, spricht man von relevanten Observablen
- falls
bei Übergang zu größeren Skalen stets abnimmt, spricht man von irrelevanten Observablen und
- falls keins von beidem zutrifft, spricht man von marginalen Observablen.
Für das makroskopische Verhalten sind nur relevante Operatoren wichtig, und in der Praxis stellt sich heraus, dass in typischen Systemen nach hinreichend vielen Renormierungsschritten nur ganz wenige Operatoren „übrig bleiben“, da nur sie relevant sind (obwohl man es oft mit unendlich vielen Operatoren zu tun hat, so ist auf mikroskopischer Basis typischerweise die Zahl der Observablen von der Größenordnung der Zahl der Moleküle in einem Mol).
Dies erklärt auch die erstaunliche Ähnlichkeit der kritischen Exponenten untereinander in den verschiedensten Systemen mit Phasenübergängen zweiter Ordnung, ob es sich nun um magnetische Systeme, Supraflüssigkeiten oder Legierungen handelt: werden die Systeme durch die gleiche Anzahl und die gleichen Typen (bezüglich des Skalierungsverhaltens) relevanter Observabler beschrieben, gehören sie zur selben Universalitätsklasse.
Diese quantitative und qualitative Begründung der Unterteilung des Phasenübergangsverhaltens in Universalitätsklassen war einer der Haupterfolge der RG.
Impulsraum-RG
In der praktischen Anwendung gibt es zwei Typen von RG: die RG im Ortsraum (Real Space RG), wie sie oben in Kadanoffs Blockspin-Bild diskutiert wurde, und die Impulsraum-RG, bei der das System in verschiedenen Wellenlängen bzw. Frequenzskalen betrachtet wird. Dabei wird meist eine Art Integration über die Moden hoher Frequenz bzw. kurzer Wellenlänge durchgeführt. In dieser Form wurde die RG ursprünglich in der Teilchenphysik angewandt. Da man meist von einer Störungstheorie um das System freier Teilchen ausgeht, funktioniert dies für stark korrelierte Systeme meist nicht mehr.
Ein Beispiel für die Anwendung der Impulsraum-RG ist die klassische Renormierung der Masse und Ladung der freien Teilchen in der QED. Eine nackte positive Ladung ist in dieser Theorie von einer Wolke von ständig aus dem Vakuum erzeugten und gleich wieder vernichteten Elektron-Positron Paaren umgeben. Da die Positronen von der Ladung abgestoßen, die Elektronen angezogen werden, wird die Ladung im Endeffekt abgeschirmt, und die Größe der beobachteten Ladung hängt davon ab, wie nah man ihr kommt (gleitende Kopplungskonstante), bzw. im fouriertransformierten Bild, auf welcher Impulsskala man sich bewegt.
Feldtheoretische Renormierungsgruppe, technische Aspekte
Die am weitesten verbreitete Variante der Renormierungsgruppe hat ihren Ursprung in der Quantenfeldtheorie und ist ein Grundpfeiler der theoretischen Physik, mit vielen Anwendungen auch in anderen Bereichen. Der Ausgangspunkt dabei ist eine Lagrange-Funktion für eine Feldtheorie und das entsprechende Pfadintegral. Eine Anzahl von technischen Aspekten ergeben in Kombination eine große Vielfalt. Beispiele sind
- Regularisierung. Eine Regularisierung ist erforderlich da Störungsreihenterme sonst divergieren. Die Vorstellung heute ist, dass es auch in der Quantenfeldtheorie faktisch so etwas wie einen Cutoff gibt, z.B. bei der Planck-Länge. In der Praxis ist i.d.R. dimensionelle Regularisierung das Mittel der Wahl.
- Verschiedene Herleitungen. Multiplikative oder additive Renormierung.
- Renormierungsbedingungen oder minimale Subtraktion.
- Betrachtung nur des kritischen Punktes oder Berücksichtigung relevanter und irrelevanter Terme (Massenterme, externe Felder, Annäherung an den kritischen Punkt).
- Unterschied zwischen Quantenfeldtheorie (Limes kleiner Wellenlängen) und Festkörperphysik (Limes großer Wellenlängen)
- Skaleninvarianz bei der kritischen Dimension
oder unterhalb der kritischen Dimension. Entwicklung nach
oder numerische Rechnung direkt bei
.
Trotz der Vielfalt ist die Rechentechnik in ihrer Essenz immer dieselbe. Die wesentlichen technischen Punkte lassen sich am einfachsten Beispiel verstehen.
Die Essenz anhand eines Beispiels
Ausgangspunkt ist die Lagrangefunktion des -Modells
bei der kritischen Temperatur (ohne Massenterm
und ohne Magnetfeldterm
)
Als eine Summe von Monomen kann die Lagrangefunktion invariant unter einer
Reskalierung der Felder, der Koordinaten, und der Kopplungskonstanten mit einem
beliebigen Skalenfaktor ,
sein. Hier ist das
Per Konvention wird als Reskalierungs-Exponent für die Koordinaten
immer
verwendet. Die beiden Terme der Lagrangefunktion liefern damit zwei Gleichungen
aus denen sich die Skalierungsexponenten
und
ergeben. Hierbei ist
mit (oberer) kritischer Dimension
.
Zu beachten ist, dass die Kopplungskonstante
bei der kritischen Dimension dimensionslos ist.
Die Skaleninvarianz der Lagrangefunktion bei der kritischen Dimension
impliziert nicht direkt eine Skaleninvarianz der physikalischen Größen, denn
diese bestimmen sich aus dem Pfadintegral mit der Lagrangefunktion im
Exponenten. Damit das Pfadintegral einen Sinn ergibt ist eine Regularisierung
erforderlich, womit implizit eine weitere Längenskala ins Spiel kommt. Das
regularisierte Pfadintegral liefert die physikalischen Größen. Die naive
Skaleninvarianz der Lagrangefunktion wird i.A. durch Fluktuationen
zumindest modifiziert. Ein generischer Ausgangspunkt der Renormierungsgruppe ist
die Annahme, dass die Skaleninvarianz in modifizierter Form asymptotisch
bestehen bleibt, d.h., dass die 2- und 4-Punkt-Vertexfunktionen der
effektiven Lagrangefunktion ebenfalls skaleninvariant sind, wenn auch mit
modifizierten Skalenexponenten. Per Konvention schreibt man den Skalenexponenten
von
in der Form
,
wobei
auch als kritischer
Exponent bezeichnet wird.
Durch "Entfernen" der nichttrivialen Anteile der Skalenexponenten von den
Vertexfunktionen
und
mit einem Feld-Renormierungsfaktor
erhält man die "renormierten" Vertexfunktionen,
Der konstante Wellenvektor
ist aus Dimensionsgründen eingeführt. Die Vertexfunktion
hängt eigentlich von 3 Wellenvektoren ab, aber zum Zweck der Renormierung ist es
ausreichend, eine symmetrische Situation zu betrachten, wo die drei
Wellenvektoren von den Ecken eines Tetraeders zum Mittelpunkt zeigen und
denselben Betrag haben (auch andere Konventionen sind möglich).
Die Störungsrechnung liefert für die Vertexfunktionen
und
Potenzreihen in der nicht renormierten dimensionslosen Kopplungskonstante
.
Diese Potenzreihen sind am kritischen Punkt, d.h. bei
divergent und zunächst nutzlos. Der nächste Schritt ist das Aufstellen der
Normierungsbedingung
Daraus bestimmt sich im Prinzip der Faktor
als Potenzreihe in
.
Der Clou der ganzen Aktion ist die Definition einer dimensionslosen renormierten
Kopplungskonstante
Diese dimensionslose renormierte Kopplungskonstante ändert sich als Funktion
des Wellenvektors i.d.R. nur langsam, ist oft klein und strebt
u.U. gegen einen Fixpunkt. Der Trick ist daher, die Potenzreihen in
zu Potenzreihen in
zu transformieren. D.h. man ermittelt die Umkehrfunktion
.
Eine entscheidende Rolle spielt dann der Fluss
der renormierten Kopplungskonstante bei Änderung der Längenskala bei
konstantem .
Die Bedingung
liefert ggf. den Fixpunkt der renormierten Kopplungskonstante
.
Mit
und
kennt man dann natürlich auch die physikalischen Größen
und
.
Anmerkungen
- Es ist keineswegs selbstverständlich, dass das beschriebene Rechenverfahren funktioniert. Eine Grundvoraussetzung ist die Skaleninvarianz der Lagrangefunktion bei der kritischen Dimension.
- In der Festkörperphysik interessiert der Limes
, in der Quantenfeldtheorie der Limes
.
- In der Quantenfeldtheorie interessiert der Fall
, d.h. der Limes
. In diesem Fall verschwinden die kritischen Exponenten, es verbleiben aber logarithmische Skalierungs-Faktoren.
- Das Beispiel enthält einige willkürlich erscheinende Konventionen. Das kritische Verhalten ist davon unabhängig (Universalität).
- Die feldtheoretische Renormierungsgruppe ermöglicht systematische Reihenentwicklungen nach den renormierten Kopplungskonstanten. Die Potenzreihen sind nur asymptotisch konvergent, aber bei kleinen Kopplungskonstanten ist das oft ausreichend.
- Physikalische Größen lassen sich ggf. als Potenzreihe in
oder (numerisch) direkt bei gegebener Dimension erhalten (etwa für
).
- Weitere Felder oder z.B. ein Massenterm in der Lagrangefunktion
erfordern weitere
-Faktoren.
- Die Algebra vereinfacht sich wenn man in der Lagrangefunktion
durch
ersetzt mit
.
Funktionale Renormierungsgruppe
Eine funktionale Renormierungsgruppe (FRG) ist eine Methode zur Berechnung des effektiven Potentials einer Feldtheorie für eine variable Längenskala. Eine FRG berücksichtigt relevante, marginale und irrelevante Kopplungen. Eine exakte Bestimmung des effektiven Potentials ist damit allerdings i.d.R. genauso wenig möglich wie mit anderen Techniken. Jedoch erlaubt eine FRG verschiedenste Parametrisierungen und ist unabhängig von (nur asymptotisch konvergenten) Störungsreihen-Entwicklungen.
Es gibt mindestens drei FRG-Varianten, eine nach Art der Wilsonschen-Eliminations-Renormierungsgruppe (Wegner und Houghten), eine Variante mit variablem UV-Cutoff (Polchinski) und eine Variante mit einem Infrarot-Regulator (Wetterich). Am einfachsten zu handhaben ist die Variante mit IR-Regulator.
Für die FRG mit IR-Regulator lässt sich im Rahmen der Quantenfeldtheorie
mit wenigen formalen Schritten eine kompakte Formel herleiten, die Ausgangspunkt
für konkrete Anwendungen ist (Wetterich). Um die Schreibweise zu vereinfachen
empfiehlt sich dabei die de-Witt-Schreibweise, wo das Feld
ein Vektor ist, dessen Index einen Punkt im Raum und ggf. auch einen Feldindex
spezifiziert. Der erste Schritt besteht darin, zur Wirkung
einen Regulator-Term
hinzuzufügen, wo die Matrix
von einer Wellenvektor-Skala
abhängt (Beispiele weiter unten). Die erzeugende Funktion der zusammenhängenden
Korrelationsfunktionen lautet dann
wo
ein externes Feld bezeichnet. Der Erwartungswert von
ist
,
und die 2-Punkt-Korrelationsfunktion ist gegeben durch
Die erzeugende Funktion der 1-Teilchen-irreduziblen Vertex-Funktionen
ist nach üblichem Schema die Legendre-Transformierte
Differenzieren nach der Wellenvektor-Skala
und Verwenden der Definition von
führt auf
Die Renormierungsgruppen-Differenzialgleichung folgt daraus als
wo
das effektive Potential ohne das künstliche
bezeichnet und der Propagator
ebenfalls in einer Form geschrieben ist, die den künstlichen Beitrag
explizit macht.
steht für die Spur einer Matrix.
Der Sinn und die Interpretation der FRG-Differentialgleichung ergeben sich
mit der Wahl des Regulators ,
d.h. des Propagators. Typische IR-Cutoff-Funktionen (ausgedrückt im
-Raum)
sind
oder
.
Diese Funktionen verschwinden schnell für
und erreichen für
den Wert
.
Dies bedeutet, dass Freiheitsgrade mit kurzen Wellenlängen keine Änderung
erfahren während Freiheitsgrade mit langen Wellenlängen eine endliche Masse
erhalten und unterdrückt werden. Die FRG-Differentialgleichung beschreibt bei
was geschieht, wenn man mehr und mehr Freiheitsgrade mit langen Wellenlängen
hinzunimmt. Z.B. kann man auf diese Weise einen kritischen Punkt
erreichen, bei dem beliebig lange Wellenlängen zu berücksichtigen sind.
Geschichte der RG
Skalierungsüberlegungen gibt es in der Physik schon seit dem Altertum und an prominenter Stelle z.B. bei Galilei. Die RG tauchte zum ersten Mal 1953 in der Behandlung der Renormierung in der Quantenelektrodynamik durch E. C. G. Stueckelberg und André Petermann sowie 1954 durch Murray Gell-Mann und Francis Low auf. Die Theorie wurde von den russischen Physikern N. N. Bogoljubow und D. V. Shirkov ausgebaut, die 1959 ein Lehrbuch darüber schrieben.
Ein wirkliches physikalisches Verständnis wurde jedoch erst durch die Arbeiten von Leo Kadanoff 1966 erreicht (Blockspin-Transformation), die dann vom Nobelpreisträger (1982) Kenneth Wilson 1971 erfolgreich für die Behandlung sog. kritischer Phänomene in der Umgebung von kontinuierlichen Phasenübergängen und ferner 1974 zur sukzessiv-konstruktiven Lösung des Kondo-Problems benutzt wurden. Er erhielt unter anderem für die erstgenannte Leistung 1982 den Nobelpreis. Auch die alte RG der Teilchenphysik wurde um 1970 von Curtis Callan und Kurt Symanzik neu formuliert. In der Teilchenphysik wurde hauptsächlich die Impulsraum-RG verwendet und ausgebaut. Sie fand auch weite Verwendung in der Festkörperphysik, war aber bei stark korrelierten Systemen nicht anwendbar. Hier war man ab den 1980er Jahren mit Ortsraum-RG-Verfahren erfolgreicher, wie der von Steven R. White (1992) eingeführten Dichtematrix-RG (density matrix RG, DMRG).
Literatur
- E. C. G. Stueckelberg und A. Petermann: La renormalisation des constants dans la theorie de quanta. In: Helvetica physica acta. Band 26, 1953 S. 499.
- M. Gell-Mann und F. E. Low: Quantum Electrodynamics at small distances. In: Physical Review. Band 95, 1954, S. 1300. (Einführung des Konzepts durch Stueckelberg/Peterman und Gell-Mann/Low)
- N. N. Bogoliubov und D. V. Shirkov: The theory of quantized fields. Interscience, 1959. (erste Lehrbuchbehandlung)
- L. P. Kadanoff:
Scaling laws for Ising models near
. In: Physics (Long Island City, N.Y.) Band 2, 1966, S. 263. (das Bild der Block-Spin Transformationen)
- K.G. Wilson: Die Renormierungsgruppe. In: Spektrum der Wissenschaft. Oktober 1979.
- Daniel J. Amit: Field theory, the renormalization group, and critical phenomena. World Scientific 1984.
- Shang-keng Ma: Modern theory of critical phenomena. Addison-Wesley, Frontiers in Physics 1982.
- N. Goldenfeld: Lectures on phase transitions and the renormalization group. Addison-Wesley, 1993.



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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 09.11. 2021