Glattheitsbedingung
In der mathematischen Theorie der normierten Räume werden gewisse Klassen solcher Räume durch Eigenschaften der Norm definiert. Hier betrachtet man Glattheitsbedingungen, das heißt die Differenzierbarkeitseigenschaften der Norm. Daneben gibt es eine Reihe von Konvexitätsbedingungen, die über die Dualräume mit den Glattheitsbedingungen zusammenhängen.
Glattheitsbedingungen
Es sei
ein normierter Raum mit der Einheitssphäre
>.
Man kann zeigen, dass für
die Grenzwerte
existieren und stets >
ist. Man sagt, die Norm sei im Punkt
in Richtung
Gâteaux-differenzierbar,
wenn Gleichheit besteht. Den gemeinsamen Wert bezeichnet man dann mit
und sagt, das Gâteaux-Differential existiere in
in Richtung
.
Durch Forderungen an diesen Grenzwert werden Klassen normierter Räume definiert.
Glatte Räume
Die einfachste Forderung an den Grenzwert zum Gâteaux-Differential ist dessen Existenz. Wir definieren:
heißt glatt, wenn das Gâteaux-Differential
für alle
existiert.
Gleichmäßig glatte Räume
Der Grenzwert
in der Definition der Glattheit existiert für jedes Paar
.
Fordert man hier gleichmäßige Konvergenz, erhält man eine kleinere Klasse
normierter Räume:
heißt gleichmäßig glatt, wenn das Gâteaux-Differential
gleichmäßig auf
existiert.
Fréchet-glatte Räume
Indem man die Gleichmäßigkeitsforderung in der Definition der gleichmäßigen Glattheit auf die Richtungsvariable einschränkt, gelangt man zu folgender Definition:
heißt Fréchet-glatt, wenn das Gâteaux-Differential
für jedes
gleichmäßig für
existiert.
Gleichmäßig Gâteaux-glatte Räume
Die folgende Klasse normierter Räume ergibt sich, wenn man Gleichmäßigkeit für die erste Variable fordert:
heißt gleichmäßig Gâteaux-glatt, wenn das Gâteaux-Differential
für jede Richtung
gleichmäßig für
existiert.
Sehr glatte Räume
Ist
glatt, so gibt es zu jedem
genau ein
mit
.
Dadurch wird eine Abbildung
definiert, die man die sphärische Abbildung nennt und von der man zeigen kann,
dass sie bzgl. der relativen
Normtopologie auf
und der relativen schwach-*-Topologie
auf
stetig ist. Die folgende Definition verschärft daher den Begriff des glatten
Raums:
- Ein normierter Raum
heißt sehr glatt, wenn er glatt ist und die sphärische Abbildung bzgl. der relativen Normtopologie auf
und der relativen schwachen Topologie auf
stetig ist.
Die noch stärkere Stetigkeit bzgl. der Normtopologien führt zum oben bereits erwähnten Begriff des gleichmäßig glatten Raums.
Übersicht
![](bilder/200px-Glattheitsbedingung.png)
Dieses Diagramm gibt eine Übersicht über die Zusammenhänge zwischen den Raumklassen, wobei die Klasse der Innenprodukt-Räume die speziellste ist. Ein Pfeil von einer Klasse in die andere bedeutet, dass jeder normierte Raum der ersten Klasse auch der zweiten angehört. Die Reflexivität eines normierten Raums bedeutet, dass die Vervollständigung ein reflexiver Raum ist. Man beachte, dass mit Ausnahme der Reflexivität und natürlich der untersten Eigenschaft, ein normierter Raum zu sein, jede der Eigenschaften beim Übergang zu einer äquivalenten Norm verloren gehen kann. Folgende Standard-Abkürzungen, die zum Teil auf die entsprechenden englischen Bezeichnungen zurückgehen, wurden verwendet:
- US: gleichmäßig glatt (uniformly smooth)
- UG: gleichmäßig Gâteaux-glatt (uniformly Gâteaux smooth)
- F: Fréchet-glatt (Fréchet smooth)
- VS: sehr glatt (very smooth)
Alle hier dargestellten Beziehungen finden sich im unten angegebenen Lehrbuch von Robert E. Megginson.
Zusammenhänge mit Konvexitätsbedingungen
Es seien
ein normierter Raum und
sein Dualraum. Dann gelten folgende Aussagen:
- Ist
strikt konvex, so ist
glatt, die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht.
- Ist
glatt, so ist
strikt konvex, die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht.
- Ist
stark konvex, so ist
Fréchet-glatt, die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht.
ist genau dann gleichmäßig glatt, wenn
gleichmäßig konvex ist. Die Rollen von
und
können vertauscht werden.
ist genau dann stark konvex, wenn
Fréchet-glatt ist. Die Rollen von
und
können vertauscht werden.
ist genau dann gleichmäßig Gâteaux-glatt, wenn
schwach* gleichmäßig konvex ist.
Glattheitsmodul
Ist
ein normierter Raum, so heißt
der Glattheitsmudul von .
Die Untersuchung dieser Funktion ermöglicht weitere Einblicke in die hier vorgestellten Raumklassen. So gilt zum Beispiel:
ist gleichmäßig glatt
.
Das wird im unten angegebenen Lehrbuch von Istratescu als Definition der gleichmäßigen Glattheit verwendet. Für den Stetigkeitsmudul gilt die Abschätzung
für jeden gleichmäßig konvexen Raum.
Im Extremfall erhält man eine Charakterisierung der Hilberträume:
ist Hilbertraum
ist ein gleichmäßig konvexer Banachraum mit
.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 24.11. 2020