Hermitesches Polynom

Die Hermiteschen Polynome (nach Charles Hermite) sind Polynome mit folgenden äquivalenten Darstellungen:
bzw.
Die Hermiteschen Polynome (mit einem festen )
sind Lösungen der Hermiteschen Differentialgleichung, einer linearen
Differentialgleichung zweiter Ordnung:
Explizite Darstellung
Aus der ersten Darstellung erhält man mit der Formel von Faà di Bruno die explizite Darstellung
also
Hermitesche Polynome lassen sich durch folgende Rekursionsformeln berechnen
:
Da bei jedem Iterationsschritt ein
hinzumultipliziert wird, sieht man schnell, dass
ein Polynom von Grade
ist. Der Koeffizient der höchsten Potenz
ist
.
Für gerade
treten ausschließlich gerade Potenzen von
auf, entsprechend für ungerade
nur ungerade Potenzen, was sich mathematisch durch die Identität
ausdrücken lässt.
Die rekursive Darstellung der o.g. Hermiteschen Polynome lässt sich
durch die einfache Substitution
auch wie folgt schreiben:
Pascal-Quelltext
Mit Hilfe der bekannten Anfangsbedingungen
und
lassen sich die Funktionswerte mit folgender rekursiver Pascal-Funktion
leicht berechnen:
Function Hermite(n:Byte;x:Extended):Extended;
Function Go(m:Byte; p,q:Extended): Extended;
Begin
If n=m Then Go := p
Else Go := Go(m+1, q, 2*x*q - 2*(m+1)*p)
End;
Begin
Hermite := Go(0, 1, 2*x)
End;
Die allgemeinere Ableitungsformel
lässt sich wie folgt umsetzen:
Function HermiteAbleitung(n,m:Byte;x:Extended):Extended;
Begin
If m=0 Then HermiteAbleitung:=Hermite(n,x)
Else
If n<m Then HermiteAbleitung:=0
Else If m=1 Then HermiteAbleitung:=2*n*Hermite(n-1,x)
Else HermiteAbleitung:=2*n*HermiteAbleitung(n-1,m-1,x)
End;
Orthogonalität
Die Hermiteschen Polynome erfüllen bezüglich der Gewichtsfunktion
die Orthogonalitätsrelation
Das heißt, dass bestimmte reelle Funktionen nach den Hermiteschen Polynomen in eine Reihe entwickelt werden können.
Andere Darstellung der Hermiteschen Polynome

Eine andere Definitionsmöglichkeit der Hermiteschen Polynome (Statistiker-Konvention) ist
Sie sind bezüglich der Gewichtsfunktion
orthogonal
und erfüllen die Differentialgleichung
Sie lassen sich rekursiv durch
bestimmen.
Binomischer Lehrsatz
Für die Hermiteschen Polynome gilt eine Formel, die eine ähnliche Gestalt hat
wie der binomische
Lehrsatz. Für
ist
Index mit negativem Wert
Die Ableitung der komplementären Fehlerfunktion
ist
.
Damit kann die Darstellung der Hermiteschen Polynome auch folgendermaßen geschrieben werden:
,
sodass man für
findet:
.
Die Funktionen höherer Indizes berechnen sich als:
oder rekursiv
mit
.
Die so erhaltenen Funktionen genügen wie die Polynome mit positivem Index der hermiteschen Differentialgleichung.
Sie lauten:
Anwendungen
Ihre Bedeutung erhalten die Hermite-Polynome durch ihre vielseitige Anwendbarkeit in der Physik. Zum Beispiel werden sie zur Konstruktion der orthonormierten Lösungsfunktionen des quantenmechanischen harmonischen Oszillators benötigt. Diese entsprechen den Hermiteschen Funktionen, die man durch Multiplikation mit der gaußschen Normalverteilung und geeigneter Normierung erhält.
Eine weitere Anwendung finden sie in der Finite-Elemente-Methode als Formfunktionen.
Die Wahrscheinlichkeitsdichte der nicht-zentralen Studentschen t-Verteilung lässt sich ausdrücken mittels Hermitescher Polynomfunktionen, deren Index negative Werte hat.
Siehe auch
Literatur
- I.N. Bronstein u.a.: Taschenbuch der Mathematik. 5. Auflage. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main / Thun 2001, ISBN 3-8171-2005-2
- Murray R. Spiegel: Höhere Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. McGraw-Hill



© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 11.08. 2022