Stöchiometrische Matrix
Die stöchiometrische Matrix ist eine Matrix, welche die Stöchiometrie eines Reaktionsnetzwerkes in kompakter Form repräsentiert.
Sie wird meist mit
abgekürzt. In der Regel entsprechen die Spalten von
den Reaktionen
des Systems während die Zeilen den chemischen
Spezies entsprechen. Spezies einer Reaktion, welche in Summe konsumiert
werden, erhalten einen Eintrag mit negativen Vorzeichen
und Spezies, welche in Summe produziert werden, erhalten einen positiven Eintrag
an der Position von
welche der gegebenen Reaktion und Spezies entspricht. Die Änderung der Spezies
nach der Zeit ist dann gegeben durch
wobei
den Vektor der
Reaktionsraten (auch "Flussvektor" genannt) repräsentiert. In einem stationären
Zustand gilt demnach
,
d.h. das System befindet sich in einem Fließgleichgewicht.
Die stöchiometrische Matrix lässt Rückschlüsse auf die Reaktionsraten der
stationären Zustände zu. Im stationären Zustand muss dann mindestens
gelten, d.h. die Menge aller solcher
liegen im Nullraum
von
.
Diese Bedingung ist unabhängig von der Kinetik
welcher das gegebene chemische System zugrunde liegt.
Der Rang der stöchiometrischen Matrix gibt die Zahl linear unabhängiger Reaktionen an.
Beispiel
Die vier Reaktionen
lassen sich wie folgt als Matrix kodieren:
wobei die Spalten der Reihe nach den Reaktionen
und die Zeilen den Spezies
entsprechen. Reaktion
konsumiert eine Einheit von Spezies
und produziert eine Einheit von Spezies
(erste Spalte). Gleichfalls wird in Reaktion
netto eine Einheit von Spezies
produziert während netto eine Einheit von Spezies
konsumiert wird (zweite Spalte). Ist im Beispiel
,
dann ergibt sich
und das System befindet sich in einem stationären Zustand.
Wie man an diesem Beispiel sieht kann das originale chemische System nicht
allein durch Kenntnis der stöchiometrischen Matrix rekonstruiert werden. Für
Reaktion
existieren unendliche viele Möglichkeiten welche die gleiche Spalte in
erzeugen:
Demnach enthält die stöchiometrische Matrix weniger Information als der ursprüngliche Satz an Reaktionen.
Weitere Eigenschaften
Seien
die Menge aller reellen
Zahlen größer Null und
die Menge aller reellen Zahlen größer oder gleich Null.
Weiterhin sei
die Anzahl der Reaktionen im gegebenen chemischen System. Die folgenden Mengen
an Vektoren
repräsentieren stationäre Zustände chemischer Systeme mit unterschiedlichen
Randbedingungen:
- nur reversiblen Reaktionen, d.h. Reaktionen welche in Vorwärts- und
Rückwärtsrichtung ablaufen können:
;
- nur irreversiblen Reaktionen, d.h. Reaktionen welche nur in
Vorwärtsrichtung ablaufen können:
;
- eine Mischung aus reversiblen und irreversiblen Reaktionen:
, wobei
die Menge der Indices der irreversiblen Reaktionen bezeichnet.
Anwendung
Die stöchiometrische Matrix ist ein zentrales Werkzeug der Systembiologie. Sie ermöglicht eine systematische Analyse der Flussvektoren von stationären Zuständen eines chemischen oder biologischen Systems. Im Allgemeinen ist hierbei der Größe des zu analysierenden Systems fast keine Grenze gesetzt da ihre Verwendung nur Methoden aus der linearen Algebra erfordert. Methoden welche auf die stöchiometrische Matrix zurückgreifen sind z.B.: FBA (Flux Balance Analysis), FCA (Flux Coupling Analysis), FVA (Flux Variability Analysis), das Konzept der EFMs (Elementary Flux Modes) und ähnliche Methoden wie Extreme Currents und Extreme Pathways, DFBA (Dynamic FBA) und CRNT (Chemical Reaction Network Theory).
![Trenner](/button/corpdivider.gif)
![Extern](/button/extern.png)
![Seitenende](/button/stonrul.gif)
© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 11.10. 2021