Schwereanomalie
Eine Schwereanomalie, auch als Gravitationsanomalie bezeichnet, ist die lokale Abweichung der Schwerebeschleunigung vom theoretischen Normalwert auf einer Referenzfläche, diese ist im Fall der Erde meist das Referenzellipsoid.
Ursachen
Auf der Erde können die Schwereanomalien bis zu ±200 Milligal = ±0,2 Gal = ±0,002 m/s² erreichen, was 0,02 Prozent der mittleren Schwerkraft sind. Sie geben Aufschluss über Unregelmäßigkeiten der Massenverteilung im Untergrund, die mehrere Ursachen haben können:
- ungleiche Tiefe der Erdkruste (siehe auch Isostasie)
- veränderlicher Dichtekontrast zwischen Erdkruste und Erdmantel
- unterschiedliche oder schief liegende Gesteine in der Erdkruste
- Abweichung der Dichten von ihrem Durchschnittswert
- Porenwasser und Einlagerung von Rohstoffen (Erze, Kohlenwasserstoffe).
Die beiden erstgenannten Phänomene bewirken langwellige (regionale) Anomalien, während die Aspekte 3–5 vor allem lokale Charakteristik haben.
Ziele der Schweremessung
Die Messung von Schwereanomalien wird häufig zur Ortung von Lagerstätten genutzt. Sie ist auch ein Mittel, um die Tiefenstruktur der Erdkruste zu erforschen, wobei sie die Methoden der Geoseismik unterstützt.
Eine andere Anwendung ist die Geoidbestimmung – die Ermittlung der Niveauflächen des Erdschwerefeldes. Das Geoid weicht global um ±50 Meter (maximal 110 m) vom Erdellipsoid ab und kann durch gut verteilte Schweremessungen mit cm- bis dm-Genauigkeit bestimmt werden.
Hierfür und auch bei anderen Planeten kommt insbesondere die Satellitengeodäsie ins Spiel, bei der die Bahnen künstlicher Satelliten verfolgt werden, in denen sich die Schwereanomalien abgeschwächt widerspiegeln. Die dabei erforderliche Feldfortsetzung nach unten wird allerdings vom Umkehrproblem der Potentialtheorie eingeschränkt.
In flachen Ländern ist die Methode der Lagerstättenerkundung durch Schweremessungen mit Gravimetern besonders wirtschaftlich. Im Gebirge jedoch sind die Einflüsse des Geländes auf die Schwerkraft nur schwierig zu berücksichtigen. Daher sind dort seismische Verfahren zum Aufspüren unterirdischer Dichtevariationen günstiger.
Korrekturen und Reduktionen der Messwerte
Bei Gravimetriemessungen wird die Schwerebeschleunigung gemessen. Der Messwert setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
- Normalschwere: Berechnet aus Breitengrad und ellipsoidischer Höhe mit global angepassten Parametern.
- Gangkorrektur: Korrektur der zeitlich variablen Einflüsse auf gravimetrische Messungen, vor allem Instrumentendrift und Erdgezeiten.
- Breitenkorrektur: Korrektur der durch die geografische Breite verursachten Abweichung im Normalfeld.
- Höhen- oder Freiluftreduktion: Korrektur der Abweichungen, die durch unterschiedliche Höhe über dem Meeresspiegel der Messungen hervorgerufen werden.
- Bouguerplatte: Korrektur der Schwerewirkung einer unendlich ausgedehnten Platte der Dicke h.
- Topografische Reduktion: Korrektur der lokalen Massenanziehung des Geländes (der Berge oder Täler); erfolgt mit einem digitalen Geländemodell.
- Anteil von Dichteinhomogenitäten im Untergrund.
In der Literatur finden sich unterschiedliche Bezeichnungen für die Korrekturen: so wird statt der Korrektur auch oft von einer Reduktion gesprochen (Gangreduktion, Bouguer-Reduktion / Bouguer’sche Plattenreduktion).
Gebräuchliche Schwereanomalien
Bougueranomalie
Die Bougueranomalie wird um alle Anteile der Schwerebeschleunigung reduziert. Sie wird durch Dichteinhomogenitäten verursacht. Sie befinden sich im Untergrund unter dem Bezugsniveau der Bouguerplatte. Eine positive Bougueranomalie spiegelt einen Masseüberschuss wider.
Freiluftanomalie
Bei der Freiluftanomalie werden die Korrekturen wie bei der Bougueranomalie angebracht, abgesehen von der Bouguerkorrektur und der topografischen Korrektur.
Auswertung
Es gibt regionale und lokale Schwereanomalien. Die horizontale Ausbreitung einer Schwereanomalie wird häufig als Wellenlänge bezeichnet.
Lokale Schwereanomalien erstrecken sich nur auf kleine Bereiche, sie besitzen kurzwellige Anomalien. Ihr Ursprung sind meist flachliegende Dichteunterschiede. Regionale Schwereanomalien dagegen erstrecken sich über weite Distanzen, sie besitzen langwellige Anomalien.
Diese beiden Anomalien können getrennt werden und ein mathematisches Modell des Untergrundes erzeugen. Jedoch sind diese Modelle nie eindeutig und müssen durch andere Untersuchungen (Bohrungen, seismische Messungen) untermauert werden.
Beispiele
- Anomalie-T im Weddell-Meer
- Mascons des Erdmondes
- Wilkesland-Krater in Antarktika
- Ivrea-Körper am Rand der Südalpen
- Münchberger Hochfläche in Nordbayern
Optische Täuschungen
An bestimmten Orten kann es durch die Beschaffenheit des umliegenden Geländes zu einer optischen Täuschung kommen, die in dem subjektiven Eindruck resultiert, Körper (Flaschen, Autos etc.) bewegten sich ohne Antrieb bergauf – also entgegen der Schwerkraft. Diese Wahrnehmungsphänomene werden gelegentlich als Gravitations- oder Schwereanomalien bezeichnet, obwohl das nicht zutrifft.
Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de Seite zurück© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 05.03. 2024