Produktionsregel
Eine Produktionsregel (auch Regel, Produktion oder Ersetzungsregel genannt) ist in der Theorie formaler Grammatiken eine Regel, die angibt, wie aus Wörtern durch eine Grammatik neue Wörter bzw. Symbolfolgen produziert werden.
Definition
Formal ist eine Produktionsregel
aus einer Grammatik
- mit Vokabular
,
Alphabet
von Terminalsymbolen,
Regelmenge
und Startsymbol
- ein Element der Regelmenge, also
.[1]
Eine Regel ist ein geordnetes
Paar
der beiden Wörter
und
,
wenn
ein Wort aus
ist und
ein Wort aus
ist. Das Wort
kann also eine beliebig lange Folge von Zeichen des Vokabulars
sein (
ist die Kleenesche
Hülle von
),
solange sie nicht leer ist und nicht nur aus Terminalsymbolen
besteht. Es ist daher
.
Das Wort
kann dann gemäß der Regel das Wort
ersetzen und kann eine beliebig lange, endliche Folge von Zeichen des Vokabulars
sein. Insbesondere kann
auch nur aus Terminalsymbolen bestehen (
)
oder das leere Wort sein (
).
Damit stellen die Produktionsregeln eine endliche Teilmenge des kartesischen
Mengenprodukts
,
also eine Relation dar. Verlangt man
noch, dass auf der rechten Seite einer Regel keine Startzeichen vorkommen
dürfen, dann hat im obigen kartesischen Produkt auf der rechten Seite jeweils
statt
zu stehen.[2]
Eine Regel
wird oftmals durch die Schreibweise
(mit dem Relationszeichen
anstelle von
)
dargestellt, und zu jedem festen
kann die Gesamtheit zugehöriger Regeln
durch die Schreibweise
abgekürzt werden.[3]
Anwendung von Produktionsregeln
In der Theoretischen Informatik sowie in der Linguistik werden die Produktionsregeln einer formalen Grammatik angewendet, um formale Sprachen zu beschreiben oder zu erzeugen.
Liegt ein Wort
vor, so lässt sich eine Produktionsregel
auf
anwenden, mit dem resultierenden Wort
.
Ein Wort, das nur aus Terminalsymbolen besteht und vom Startsymbol abgeleitet
werden kann, ist ein Wort der Sprache, die von der Grammatik beschrieben wird.
Beispiele
Es sei innerhalb einer formalen Grammatik mit den Nichtterminalsymbolen
und den Terminalsymbolen
die Produktionsregel
definiert. Durch Anwendung dieser Regel kann bei der Erzeugung der durch die
Grammatik beschriebenen Sprache zum Beispiel das Wort
zum Wort
abgeleitet werden, wobei hier das Präfix
durch die Konklusion
ersetzt wird. Es wäre jedoch nach der Definition formaler Grammatiken auch
möglich, das zweite Vorkommen des Wortes
zu ersetzen, so dass das Wort
entsteht.
Wäre außerdem die Regel
definiert, so könnte das zuvor betrachtete Wort
außerdem in die Wörter
bzw.
abgeleitet werden. (
ist die in der Regel verwendete Notation für das leere
Wort, ein Wort, das aus keinem einzigen Zeichen besteht.)
Informatik
Wie bereits beschrieben, stellen Produktionsregeln einen grundlegenden Bestandteil formaler Grammatiken dar und werden demnach dazu verwendet, um formale Sprachen zu beschreiben. So werden Produktionsregeln etwa im Rahmen des Compilerbaus dazu verwendet, um eine Programmiersprache zu beschreiben. Produktionsregeln werden hier häufig in der Backus-Naur-Form dargestellt.
Eine kognitive Anwendung haben Produktionsregeln in regelbasierten Systemen: Hier spricht man von Produktionsregeln, wenn die Konklusionen der Regeln, mit denen das System arbeitet, nur aus Konjunktionen von Literalen bestehen.
Linguistik
In der Theorie der Transformationsgrammatik veranschaulichen Produktionsregeln, die hier Phrasenstrukturregeln (PS-Regeln) genannt werden, den Gedanken, dass ein Satz eine grammatische Struktur besitzt, die aus kategorietragenden Bestandteilen rekursiv aufgebaut ist. Die ersten und klassisch gewordenen PS-Regeln in Chomskys Buch "Strukturen der Syntax" lauten:
S → NP VP (ein Satz besteht aus einer Nominalphrase und einer Verbalphrase) VP → V NP* (eine Verbalphrase besteht aus einem Verb und null bis vielen Nominalphrasen)
Anmerkungen
- ↑
Die Mitglieder der Menge
bezeichnet man als Nichtterminalzeichen, zu diesen gehört das Startzeichen, also
.
- ↑ Sinngemäß nach Klaus Reinhardt: Prioritatszahlerautomaten und die Synchronisation von Halbspursprachen, Fakultät Informatik der Universität Stuttgart; Doktorarbeit 1994
- ↑ Vergleiche Backus-Naur-Form.



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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 20.08. 2022