Flora und Fauna der Umgebung
Die Pflanzenwelt der Jenaer Umgebung
Die Vielfalt der Pflanzenwelt im Gebiet des mittleren Saaletales liegt im Wechsel von Oberflächenform, Gestein und Boden, in der klimatischen Verschiedenartigkeit sowie in den historisch sich verändernden Wirtschafts- und Gesellschaftsformen begründet. Auch hier hat der Mensch seit ältester Zeit in mannigfaltiger Weise das Landschaftsbild verändert und gestaltet.
Etwa 1200 verschiedene Blütenpflanzen sind im Gebiet des mittleren Saaletales beheimatet, hinzu tritt eine große Zahl von Farnpflanzen, Moosen, Flechten, Pilzen und Algen. Schwerpunktmäßig siedeln sie jeweils im Zentrum, im Norden, Süden, Osten oder Westen des europäischen Kontinents. Auch Fremdlinge und Neubürger aus dem östlichen Asien oder aus Nordamerika haben sich im Bereich der Ilm-Saale-Platte ausgebreitet. Zu den besonderen Schönheiten an diesem „Kreuzweg der Blumen" gehören die Orchideen. Von den einst 56 auf dem Gebiet Deutschlans heimischen Vertretern dieser Pflanzenfamilie kamen im mittleren Saaletal immerhin 45 Arten vor. Bedauerlicherweise sind davon inzwischen 16 Arten gänzlich oder fast ausgerottet. Häufiger erscheinen nur noch der Braunrote Sitter (Epipactis atrorubens), die Große Händelwurz (Gymnadenia conopsea), das Helmknabenkraut (Orchis militaris), die Vogelnestwurz (Neottia nidusavis) und erfreulicherweise auch der Rotbraune Frauenschuh (Cypripedium caiceolus).
Die Orchideen wachsen vorzugsweise in den Trocken- und Halbtrockenrasen und Laubwäldern der Kalkberge. An südgerichteten Hängen sind solche Rasenbestände aus Aufrechter Trespe (Bromus erectus) und Fiederzwenke (Brachypodium pinnatum) oft in buntem Wechsel mit Gebüschen aus Wolligem Schneeball (Viburnum lantana) und Rotem Hartriegel (Cornus sanguinea) entwickelt. Sie erhalten durch Wiesensalbei (Salvia pratensis), Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris), Esparsette (Onobrychis viciifolia). Skabiosenflockenblume (Centaurea scabiosa), Bergaster (Aster amellus) oder Sichelhasenohr (Bupleurum falcatum) zu jeder Jahreszeit ein buntes Gepräge. Unter extremeren Standortbedingungen wird das Pflanzenkleid der Steilhänge mit den flachgründigen, feinerdearmen Böden bestimmt durch die Polster von Blaugras (Sesleria coerulea). Berggamander. (Teucnum montanum) und Edelgamander (Teucrium chamaedrys). Die Blütensterne der Silberdistel (Carlina acaulis), der Golddistel (Carlma vulgaris) sowie der verschiedenen Enzianarten erwecken mancherorts vor allem im Spätsommer und Herbst besondere Aufmerksamkeit.
Bunt und wechselvoll ist auch das Aussehen der Wälder. In den Eichen-Hainbuchen-Mischwäldern prägen die zahlreichen Sträucher und die üppigen Gras- und Krautbestände das Bild. Typisch und häufig sind Haselwurz (Asarum europaeum). Waldlabkraut (Galium sylvaticum), Wiesenschlüsselblume (Primula veris) und Frühlingsplatterbse (Lathyrus vernus). Oft kaum beachtet, blüht hier bereits im zeitigen Frühjahr der Seidelbast (Daphne mezereum), und an warmen Hangkanten ist der seltene, stark duftende Weiße Diptam (Dictamnus albus) zu finden.
Hauptsächlich auf nordgerichteten Hängen, großflächig aber auch in Plateaulagen stocken schließlich Buchenwälder. In diesen ist eine Strauchschicht meist kaum entwickelt, und auch die Krautschicht erscheint lockerer und artenärmer. Stellenweise überzieht das Waldbingelkraut (Mercurialis perennis) die Böden mit einem dichten Teppich.
Die Wälder sind häufig von der Forstwirtschaft stark verändert worden, und der Anteil der Nadelhölzer, unter denen die aus dem südöstlichen Europa stammende Schwarzkiefer (Pinus nigra) besonders auffällt, ist beträchtlich. Im Bereich der Buntsandsteinböden südlich von Jena dominieren die Kiefern- und Fichtenforste dann ganz. Floristisch sind diese recht artenarm und eintönig, doch lobt mancher die landschaftlichen Reize oder den Beeren- und Pilzreichtum.
Hier und auch in unmittelbarer Nähe Jenas werden die Böden auf dem Oberen Buntsandstein sowie die Auenböden fast ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Im Wirtschaftsgrünland beherrscht im grundwasserfernen Bereich der Wiesenglatthafer (Arrhenatherum elatius), im grundwassernahen Bereich dagegen die Kohlkratzdistel (Cirsium oleraceum) das Bild. Der Arten- und Blütenreichtum der Wiesen nahm in den letzten Jahren infolge steigender Düngung, Melioration und Beweidung immer mehr ab. Wertvolle Bestände, insbesondere von Naßwiesen und Kalkflachmooren, und damit etliche botanische Raritäten sind bereits verlorengegangen. Hinzu kommt, daß seit dem Bau der Saaletalsperren und der Intensivierung der Landwirtschaft zahlreiche Wiesen in der Saaleaue umgebrochen und in Ackerland überführt wurden. Auf den Äckern finden sich unter den Unkräutern durchaus beachtenswerte Gewächse. Das Rot des Klatschmohns (Papaver rhoeas) und des Sommeradonisröschens (Adonis aestivalis), das Blau des Feldrittersporns (Delphinium consolida) und der Kornblume (Centaurea cyanus), Gauchheil (Anagallis), Ehrenpreis (Veronica), Wolfsmilch (Euphorbia) und viele andere kalkliebende Arten zieren stellenweise die Felder. Aber auch hier beobachtet man die zunehmende Verarmung und Uniformierung.
Doch ob auf Äckern oder Wiesen, in Wäldern oder Gebüschen, an den Ufern und selbst in der Stadt oder in den Dörfern — überall lassen sich noch Seltenheiten oder Besonderheiten entdecken. Die Sicherung der Fundorte schöner Pflanzen, die Erhaltung charakteristischer und landschaftstypischer Pflanzengemeinschaften werden abhängen vom Bemühen und der Bereitschaft aller natur-, verbundenen und naturliebenden Bürger und Besucher Jenas, Natur und Landschaft zu schützen, zu pflegen und zu gestalten.
Die Tierwelt der Jenaer Umgebung
Komplexe Faktoren haben auch wie bei der Pflanzenwelt zur spezifischen Ausprägung der Tierwelt des Jenaer Gebietes geführt. Insbesondere sind es die geologischen Voraussetzungen und mikroklimatischen Besonderheiten an den exponierten Talhängen im mittleren Saaletal, die der Umgebung von Jena nicht nur ihren landschaftlich reizvollen Charakter verleihen, sondern auch die Lebensräume für zahlreiche Tierarten bedingen. Sie finden hier auf vorgeschobenen Grenzposten ihrer hauptsächlich südlicher gelegenen Verbreitungsgebiete noch geeignete Lebensräume. Daneben besiedeln wieder andere Arten die heute nur noch in kleinsten Resten erhalten geblichenen Auwälder und Sümpfe. So verkörpert die Landschaft um Jena ein reichhaltiges Mosaik der unterschiedlichsten Lebensräume, die letztlich Voraussetzung für die Mannigfaltigkeit und den besonderen Wert des mittleren Saaletales sind.
Infolge der Flußregulierungen, der Beseitigung von Altwasserarmen und der Unterbindung der alljährlichen Überschwemmungen im Bereich der Talaue sind die Möglichkeiten für die an das Wasser gebundenen Tiere am stärksten beeinträchtigt worden. Diese Maßnahmen zusammen mit der über Jahrzehnten andauernden extremen Verunreinigung der Saale führten dazu, daß heute nur noch Reste der ursprünglichen Flußfauna in den aufgelassenen Kiesgruben der Talaue vorhanden sind. Zahlreiche Arten sind bereits ganz verschwunden, andere sehr selten geworden.
Die landschaftlichen Veränderungen bedingen neben weiteren Faktoren auch, daß andere Tierarten das Gebiet neu besiedeln und zu einem festen Bestandteil der heimischen Fauna werden. Die meisten derartigen Verschiebungen werden lediglich vom Fachmann registriert, der Allgemeinheit bleiben sie wegen der Unauffälligkeit vieler dieser Tiere weitgehend unbekannt. Zuwanderer innerhalb des Stadtgebietes unter den Vögeln werden dagegen leichter bemerkt, sobald sie sich fest angesiedelt haben. Sie gehören dann, wie z. B. die Türkentaube (Streptopelia decaoto), zu den allgemeiner bekannten Arten. Dieser Einwanderer aus Südosteuropa konnte im Frühjahr 1951 in Jena erstmalig beobachtet werden. Bereits im Dezember 1953 wurden 50 Exemplare an einem Futterplatz gezählt, und gegenwärtig brüten etwa 150 bis 200 Paare alljährlich innerhalb der Stadtgrenzen.
Ein früherer Einwanderer ist der Girlitz (Serinus serinus), der von Südwesten her kam und vor etwa einem Jahrhundert unser Gebiet erreichte.
Die erste Bisamratte (Ondatra zibethica) erschien 1927 an der Saale. Der Einwanderungsweg dieser aus Nordamerika stammenden Art läßt sich leicht verfolgen. 1905 wurden etwa 40km südwestlich von Prag einige Pärchen freigelassen. Ihre Nachkommen haben seither ganz Mitteleuropa besiedelt.
Neben den eben genannten Tieren treten gelegentlich weitere als Gäste zu betrachtende Arten auf, die sich nur kurzfristig oder streng lokal begrenzt im Gebiet des mittleren Saaletales aufhalten. Meist handelt es sich dabei um mit Pflanzgut oder Baumaterial verschleppte Individuen. Unter diesem Gesichtspunkt sind besonders Nachweise von Schnecken und Gliedertieren (Insekten, Spinnen oder Tausendfüßler) zu nennen, deren Verbreitungsgebiet auf die höheren Mittelgebirgslagen oder Südeuropa beschränkt ist. Hierzu rechnet die mediterran-westeuropäisch verbreitete Blasenschnecke (Physa acuta), die seit der Jahrhundertwende aus den Wasserbecken des Jenaer Botanischen Gartens bekannt ist. Im Gegensatz zur Umgebung von Leipzig oder Berlin konnte sie noch nicht in den stadtnahen Tümpeln nachgewiesen werden. Ähnliches gilt für die in fast allen Gewächshäusern auftretende Rollassel (Armadillidium nasutum).
Ein besonderes Kennzeichen, bedingt durch die Vielgestaltigkeit der Landschaft um Jena, ist die auffallende Artenmannigfaltigkeit.
Durch die Vernichtung ihrer Laichgewässer sind Kamm- und Bergmolch (Triturus cristatus und T.alpestris) sowie die Gelbbauchunke (Bombina variegata) sehr selten geworden. Vergeblich wird man in der unmittelbaren Umgebung von Jena den Feuersalamander (Salamandra salamandra) suchen, der auf dem Muschelkalk nicht die ihm zusagenden Bedingungen findet und erst weiter südöstlich im Gebiet des Buntsandsteines auftritt. Alle bisher aus der engeren Umgebung von Jena vorliegenden Beobachtungen beruhen auf Verwechslungen mit Molchen. Blindschleiche (Anguis fragilis), Wald- und Zauneidechse (Lacerta vivipara und L. agilis), Ringelnatter (Natrix natrix) und Schlingnatter (Coronella austriaca) seien als Vertreter der vorkommenden Kriechtiere in diesem Raum genannt.
Nur ein Teil der im mittleren Saaletal zu beobachtenden Vogelarten brütet im Stadtgebiet oder in den angrenzenden Wäldern. Zahlreiche Arten gehören zu den regelmäßigen Gästen auf ihrem Frühjahrs- und Herbstzug. Von Mai bis August hört man zwischen den Häusern oder hoch über den Dächern die schrillen Rufe des im Flugbild an Schwalben erinnernden Mauerseglers (Apus apus). In Turmnischen oder an anderen höheren Gebäuden nistet der Turmfalke (Faico tinnunculus), während die Dohle (Corvus monedula) in den letzten Jahren aus dem eigentlichem Stadtgebiet praktisch verschwunden ist. Sie hat sich in die Randgebiete zurück gezogen. Ferner brüten hier die bereits erwähnte Türkentaube — die nicht verwechselt werden darf mit den zahlreichen verwilderten Haustauben —, Amsel (Turdus merula), Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros), Kohlmeise (Parus major), Star (Sturnus vulgaris) und Grünfink (Carduelis chloris). In den Parkanlagen mit Altholzbeständen kommen weitere Arten hinzu, von denen besonders Grün- und Grauspecht (Picus viridis und P. canus) genannt seien, deren lachende Rufe weithin zu hören sind. Auch die an das Tiefland gebundene Nachtigall (Luscinia megarhynchos) brütet alljährlich in einigen Paaren in den Gärten am Stadtrand, wo man dann auch bei Tage ihren volltönenden Gesang im Mai/Juni wahrnimmt. Während der Wintermonate erhöhen sich je nach Verschärfung der Frostwetterlage die Zahlen der Stockenten (Anas platyrhynchos), der Bleßrallen (Fulica atra) und der Zwergtaucher (Podeceps ruficollis) auf der Saale. Mitunter erscheinen dort auch seltenere nordische Entenarten oder einzelne Lachmöwen (Larus ridibundus).
Unseren heimischen Wildsäugetieren wird man dagegen weit seltener begegnen, obwohl sie durch die aufgelockerte Bauweise zum Teil auch tief in das Stadtgebiet vordringen. In den parkartigen Gärten leben das Eichhörnchen (Sciurus vulgaris), der Igel (Erinaceus europaeus), aber auch der Steinmarder (Martes foina).
Von den Bewohnern der stadtnahen Wälder seien Reh (Capreolus capreolus), Baummarder (Martes martes), Siebenschläfer (Glis glis) und Haselmaus (Muscardinus ayellanarius) genannt. Wildschwein (Sus scrofa), Fuchs (Vulpes vulpes) und Dachs (Meles meles) muß man schon mehr in den stilleren, abgelegeneren Tälern der Umgebung nachspüren.
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Datum der letzten Änderung : Jena, den: 21.10. 2014