Montrealer Übereinkommen
Die Unzulänglichkeit des Warschauer Abkommens von 1929 über die Haftung der Luftfahrtunternehmen für Tod oder Körperverletzung sowie seiner Änderungen machte eine Modernisierung und Vereinheitlichung der Haftungsregelung erforderlich.
Das Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, kurz: Montrealer Übereinkommen (Abk. MÜ) regelt Haftungsfragen im internationalen zivilen Luftverkehr, das heißt sowohl Fragen des Gütertransports als auch Fragen der Personenbeförderung. Das Montrealer Übereinkommen wurde am 28. Mai 1999 unterzeichnet. Kern dieser Übereinkunft ist die Modernisierung der rechtlichen Vorgaben bei einer Luftbeförderung. Dabei geht es vor allem um die Haftung des vertraglichen Luftfrachtführers für Schäden, die während eines Fluges an Personen, Gepäck oder Fracht entstehen. Das Montrealer Übereinkommen ist seit 2004 in Deutschland und Österreich, seit 2005 auch in der Schweiz in Kraft. Es löst das seit 1929 geltende Warschauer Abkommen über die Beförderung im internationalen Luftverkehrab (siehe aber auch Abschnitt Anwendungsbereich).
Das Montrealer Übereinkommen ist in arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist. Das bedeutet, dass die deutsche Übersetzung (hier die schweizer Variante) keine verbindliche Fassung des Vertrages darstellt.
Anwendungsbereich
Das Abkommen gilt für jede internationale Beförderung von Personen, Reisegepäck(Gepäck) oder Gütern, die durch Luftfahrzeuge gegen Entgelt erfolgt. Es gilt auch für unentgeltliche Beförderung durch Luftfahrzeuge, wenn sie von einem Luftfahrtunternehmen ausgeführt werden. (Art. 1 Abs. 1)
Anmerkung: Da nicht alle Staaten der Erde Vertragsstaaten des Montrealer Übereinkommens (MÜ) sind, ist im Einzelfall zu prüfen, ob nicht doch noch auf die konkrete Beförderung das alte Warschauer Abkommen (WA) von 1929/1955, das Zusatzabkommen von Guadalajara zum Warschauer Abkommen (ZAG) oder einer der anderen völkerrechtlichen Verträge auf die konkrete Beförderung Anwendung findet. Das Verhältnis des MÜ zu diesen Abkommen regelt Art. 55 MÜ. Bei der International Civil Aviation Organization (ICAO) kann der aktuelle Stand der Mitglieder der einzelnen internationalen Luftbeförderungs-Verträge nachgefragt werden.
Personenschäden
Bis zu einem Höchstbetrag von 113.100 Sonderziehungsrechten pro Fluggast besteht eine verschuldensunabhängige Haftung (Anmerkung: Anhebung der Haftungshöchstgrenze von 100.000 auf 113.100 SZR im Jahre 2009 nach Art. 24 MÜ)Anm.. Für den darüber hinausgehenden Schaden besteht eine unbegrenzte Haftung des Luftfrachtführers für vermutetes Verschulden. Der Luftfrachtführer kann einer unbegrenzten Haftung nur entgehen, wenn er nachweist, dass sein Verhalten nicht zum Schadenseintritt beigetragen hat (Art. 17 Abs. 1 und Art. 21 MÜ).
Verspätungsschäden
- Für Schäden durch Verspätung bei der Beförderung von Personen haftet der Luftfrachtführer aus vermutetem Verschulden bis zu einem Betrag von 4.694 Sonderziehungsrechten je Reisendem (Art. 19 und Art. 22 Abs. 1 MÜ) (Anmerkung: Anhebung der Haftungshöchstgrenze von 4.150 auf 4.694 SZR im Jahre 2009 nach Art. 24 MÜ).
- Bei der Beförderung von Reisegepäck haftet der Luftfrachtführer bei Verspätung bis zu einem Betrag von 1.131 SZR (Art. 19 und Art. 22 Abs. 2 MÜ) (Anmerkung: Anhebung der Haftungshöchstgrenze von 1.000 auf 1.131 SZR im Jahre 2009 nach Art. 24 MÜ).
- Die Begrenzungen nach Art. 22 Abs. 1 oder Abs. 2 MÜ entfallen, wenn der Geschädigte nachweisen kann, dass der Schaden durch Vorsatz oder Leichtfertigkeit des Luftfrachtführers herbeigeführt wurde (Art. 22 Abs. 5 MÜ). Um der Haftung nach Art. 22 Abs. 1 oder Abs. 2 MÜ zu entgehen, muss der Luftfrachtführer nachweisen, alle zumutbaren Maßnahmen zur Verspätungsvermeidung getroffen zu haben oder dass es ihm nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.
- Die Haftungshöchstgrenze Verspätung beim Gütertransport beträgt nach Art. 19 und 22 Abs. 3 MÜ nunmehr 19 SZR je Kilogramm des Gesamtgewichts der unmittelbar betroffenen Frachtstücke (Anmerkung: Anhebung der Haftungshöchstgrenze von 17 auf 19 SZR im Jahre 2009 nach Art. 24 MÜ).
Sachschäden
- Die Haftungshöchstgrenze für Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von Reisegepäck beträgt 1.131 SZR je Reisendem (Art. 17 Abs. 2-4 und Art. 22 Abs. 2 MÜ) (Anmerkung: Anhebung der Haftungshöchstgrenze von 1.000 auf 1.131 SZR im Jahre 2009 nach Art. 24 MÜ). Für Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck haftet das Luftfahrtunternehmen verschuldensunabhängig (außer der Schaden ist auf die Eigenart des Reisegepäcks oder einem ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen). Die Haftungsgrenze für Reisegepäck entfällt, wenn der Passagier nachweisen kann, dass der Schaden durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Luftfrachtführers herbeigeführt wurde.
- Die Haftungshöchstgrenze für Zerstörung, Verlust, Beschädigung und Verspätung beim Gütertransport beträgt nach Art. 18 und Art. 22 Abs. 3 MÜ nunmehr 19 SZR je Kilogramm des Gesamtgewichts der unmittelbar betroffenen Frachtstücke (Anmerkung: Anhebung der Haftungshöchstgrenze von 17 auf 19 SZR im Jahre 2009 nach Art. 24 MÜ).
Besonderheiten
- Vollständige oder teilweise Haftungsbefreiung ist möglich, wenn der Luftfrachtführer nachweist, dass die Person, die den Schadenersatzanspruch erhebt, oder ihr Rechtsvorgänger den Schaden durch eine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung, sei es auch nur fahrlässig, verursacht oder dazu beigetragen hat, und diese Handlung oder Unterlassung den Schaden verursacht oder dazu beigetragen hat (Art. 20 MÜ).
- Die Haftungshöchstgrenze von 19 SZR/kg gilt bei Lufttransport von Gütern
auch bei Vorsatz und Leichtfertigkeit/ Grobem Verschulden des Schädigers oder
seiner Leute
[Anm.: anders als bei den anderen internationalen Verträgen zur grenzüberschreitenden Beförderung von Gütern: Internationale Vereinbarung über Beförderungsverträge auf Straßen (CMR),
Budapester Übereinkommen über den Vertrag über die Güterbefürderung in der Binnenschifffahrt (CMNI)
Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF)
Allerdings kann die Haftungshöchstgrenze des MÜ durch Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien angehoben werden (Art. 25 MÜ). - Im Gegensatz zu den anderen bestehenden internationalen Beförderungsabkommen (s.o.) können beim MÜ die Haftungshöchstbeträge angepasst werden, ohne dabei gleich den ganzen Vertrag neu verhandeln zu müssen (Art. 24 MÜ). Die letzte Anpassung erfolgte 2009.
Anmerkung: Mit Notifikation vom 30. Juni 2009 (State Letter 009/047) hat die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) gemäß Artikel 24 Absatz 2 des Übereinkommens vom 28. Mai 1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Montrealer Übereinkommen) (BGBl. 2004 II S. 458, 1027) mitgeteilt, dass nach dem dort vorgesehenen vereinfachten Verfahren eine Anpassung der Höchstgrenzen für die Haftung für Passagier- und Güterschäden nach diesem Übereinkommen an die seitdem zu verzeichnende Teuerungsrate von 13,1 Prozent erfolgen soll. Nachdem eine Mehrheit der Vertragsstaaten der notifizierten Erhöhung nicht widersprochen hat, treten nach der weiteren Notifikation der ICAO vom 4. November 2009 (State Letter 009/087) die neuen Haftungshöchstgrenzen am 30. Dezember 2009 in Kraft. [Zitat aus der Bundesrats-Drucksache 76/10, 12. Februar 2010]zurück
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Datum der letzten Änderung : Jena, den : 29.08.2014